Mehr Reiche lieben die EU
Studie: 60 Prozent sehen in der Flüchtlingspolitik eine zentrale Aufgabe der EU / Ärmere Schichten eher gegenüber Institutionen kritisch eingestellt / Für 43 Prozent der Wohlhabenden überwiegen die Vorteile
Berlin. Laut einer aktuellen Meinungsumfrage blicken EU-Bürgerinnen und Bürger kritisch auf die Europäische Union. Die Aufgabenverteilung zwischen Union und Nationalstaaten betrachten die Befragten dabei durchaus differenziert. Nationalstaatliche Lösungen fordern die Teilnehmenden bei der Haushaltspolitik und bei sozialpolitischen Themen. Für andere Politikbereiche wünschen sie sich dezidiert gemeinsame europäische Lösungen. So sprachen sich die Befragten in diesen Bereichen für die Verlagerung von Kompetenzen auf die europäische Ebene aus: Außen- und Sicherheitspolitik, Besteuerung globaler Unternehmen, Datenschutz, Energieversorgung. Den Bereich Zuwanderung und Flüchtlingspolitik sehen 60 Prozent aller Befragten als eine zentrale Aufgabe der EU an.
Angesichts der innen- und außenpolitischen Krisen und Herausforderungen, denen die Europäische Union in diesen Tagen gegenübersteht, hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Bürgerbefragung in acht EU-Mitgliedsländern in Auftrag gegeben. In einer repräsentativ angelegten Studie waren 7.000 Personen in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien, Schweden sowie in der Tschechischen und Slowakischen Republik befragt worden. Durchgeführt hatte die Untersuchung für die FES die Berliner Gesellschaft für Politikforschung und Politikberatung »policy matters«.
»In Zeiten der Krise sollte die Politik diese Erwartungen ernst nehmen«, mahnt Kurt Beck, Vorsitzender der FES und ehemaliger SPD-Bundesvorsitzender. Zugleich fordert er die differenzierte Sicht der EU-Bürgerinnen und Bürger auch in die derzeitige Diskussion um die Zukunft der EU einfließen zu lassen. »Die aktuelle pauschale Debatte über mehr oder weniger Europa geht an den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger des Kontinents vorbei«, so Kurt Beck mit Blick auf die Ergebnisse der Umfrage.
Ein Ergebnis der Studie steht offensichtlich weniger im Focus des SPD-Politikers. Aus der Untersuchung resultiert eine differenzierte Einschätzung von Vor- und Nachteilen der EU, je nach Schichtzughörigkeit der Befragten. 43 Prozent der Teilnehmenden, die sich selbst der Oberschicht zuordnet, betonen die Vorteile in der EU. Einzige Ausnahme ist hierbei Tschechien, wo auch bei den besser gestellten die Kritik überwiegt. Diejenigen, die sich dem unteren Rand der Gesellschaft zugehörig fühlen, stehen der EU fast überall mehrheitlich reserviert gegenüber. Von ihnen bewerten nur 19 Prozent die EU überwiegend positiv» nd/ker
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