Diese Niederlage schmerzt

Magdeburgs Dario Quenstedt ärgert sich über das 28:31 im Handball-Ostderby gegen Leipzig und träumt weiter von Olympia

Am Mittwochabend kam es zum zweiten Mal zum traditionsreichen Ostderby in der Handball-Bundesliga der Männer. Wie schon in der Hinrunde triumphierte der SC DHfK Leipzig über den SC Magdeburg, diesmal in dessen Arena vor 6700 Zuschauern. Auch SCM-Torwart Dario Quenstedt konnte bei der 28:31-Niederlage am Ende wenig ausrichten. Jirka Grahl sprach am Tag danach mit dem 26-Jährigen aus Burg über die aktuelle Saison, seine Zugehörigkeit zum Nationalkader und den umjubelten EM-Sieg der DHB-Auswahl in Polen.

Herr Quenstedt, ich rufe Sie gerade in der Berufsschule an. Ich dachte, die Handballer sind Profis?
In unserer Mannschaft gibt es viele, die studieren. Ich habe im August die Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement begonnen, habe jetzt gerade das erste Zeugnis bekommen: Zum Halbjahr, es ist gut ausgefallen. Wir sind ja keine Fußballer, wir verdienen keine Millionen, und man kann nicht ewig Handball spielen kann. Heute bin ich besonders gern in der Schule. Es lenkt mich ein bisschen ab vom Spiel gegen Leipzig.

Da lief es nicht so gut, gegen die Aufsteiger haben Sie 28:31 verloren. Was bedeutet diese Derbyniederlage? Ist die etwas Besonderes?
Natürlich ist es etwas Besonderes, gegen Leipzig zweimal zu verlieren! Das ist, hach, sehr schlecht für uns: fürs Image und für unser Selbstvertrauen allgemein. Ein Sieg hätte uns deutlich nach vorn bringen können, nachdem wir so viel gearbeitet haben in den drei Wochen der Vorbereitung. Diese Niederlage schmerzt.

Bisher war Magdeburg unangefochten die Handballmacht im Osten, wenn man von den Berliner Füchsen mal absehen will. Erleben wir gerade eine Wachablösung?
Ach nein, das waren jetzt einfach nur zwei verloren Spiele. Leipzig ist aber ein sehr guter Aufsteiger. Die werden sich sicherlich auch in der 1. Bundesliga halten können.

Ihr Sport hat mit dem EM-Sieg in Polen Ende Januar einen kleinen Boom erlebt, ihr Teamkollege Finn Lemke war dabei …
Ja, der ist gerade der gefragte Mann hier (lacht).

Sie selbst gehörten zum 28er-Kader von Bundestrainer Dagur Sigurdsson, schafften es aber nicht in den 16er-Kader, der zur EM fuhr. Wie haben Sie denn die EM vor dem Fernseher erlebt?
Ich konnte leider nicht alle Spiele live verfolgen, weil wir trainiert haben. Aber die Spiele, die wir gucken konnten, habe ich mit großem Interesse verfolgt.

Alle waren begeistert, hat auch bei Ihnen die Freude überwogen oder schwang immer auch ein bisschen Trauer mit, nicht selbst zu spielen?
Manchmal war es nicht so leicht, zuzugucken. Es ist ein komisches Gefühl, wenn man die Leute alle persönlich kennt und man ja wirklich hätte dabei sein können. Jetzt sind die Jungs Europameister geworden - was ich hätte auch sein können.

Wie gefiel Ihnen denn Mannschaftskollege Finn Lemke im Fernsehen? Sie spielen ja seit Herbst in Magdeburg zusammen?
Sensationell gut. Nach vorne ist er nicht so viel zum Zuge gekommen, aber in der Abwehr hat er wirklich seine Qualität - mit seinen 2,10 Meter: Unglaublich, was er da alles weggeblockt hat.

Sie sind 26, eigentlich im richtigen Alter für die Nationalmannschaft. Ist Olympia 2016 ein Ziel?
Ja. Ich habe im Juniorenbereich komplett zum Nationalteam gehört. Und jetzt möchte ich natürlich bald reinrutschen in die Nationalmannschaft. Ds ist ein großer Traum, und Olympia sowieso.

Hätten Sie erwartet, dass ihr Torwartkollege Andreas Wolff so ein starkes EM-Turnier spielen würde?
Überhaupt nicht. Klar wusste ich, dass Andreas ein junger, starker Torhüter ist, der sich sehr gut entwickelt hat. Das muss man einfach respektvoll und neidlos anerkennen. Aber dass er so einschlägt und jetzt auch noch so viele Preise einheimst, habe ich so nicht erwartet.

Was macht eigentlich einen guten Handballtorwart aus?
Er muss sich auf die verschiedenen Spielertypen einstellen können, auf die verschiedenen Positionen, von denen aus die Würfe kommen: von außen, vom Kreis. Schlagwürfe, Dreher, Sprungwürfe. Der Torwart muss wissen, wo die gegnerische Spieler zumeist hinwerfen, er muss deren Wurfbild kennen. Er muss mental stark sein, auch wenn er ein paar Tore kassiert hat: Schultern hoch, Kopf hoch, präsent sein, der Mannschaft neue Impulse geben! Ein Torwart muss immer daran glauben, den nächsten Ball halten zu können.

Wie kommt es, dass Torhüterleistungen manchmal so schwanken? Bei einem Spiel eine Quote von 15 Prozent gehaltenen Bällen und im nächsten dann auf einmal 40?
Gut, dass Sie das fragen, denn viele wissen nicht, wie komplex das alles ist. Die Abwehr spielt nämlich eine große Rolle: Wenn die sehr gut ist, hält der Torwart auch sehr gut. Würfe aus neun oder zehn Metern sind besser zu parieren als die aus sechs Metern. Und es geht immer auch ein bisschen ums Glück - hält man den Ball, oder berührt man ihn und er geht trotzdem rein?

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