Zwiespältige Asylbehörde

Stefan Otto warnt vor einer Aushöhlung des Asylrechts durch das Bundesamt

Viel zu lange sitzen die Asylbewerber in den Heimen und schlagen die Zeit tot, ohne Frage. Sie dringen auf eine schnellere Bearbeitung ihrer Anträge, in der Hoffnung auf einen positiven Entscheid. Zu Hunderttausenden liegen die Anträge unbearbeitet beim zuständigen Bundesamt, der Rückstau ist beträchtlich. Auch Länderminister und Vertreter der Bundesregierung üben Druck auf das Bundesamt aus. Einigkeit herrscht also über die Notwendigkeit einer rasch arbeitenden Behörde - bei den Betroffenen wie bei der Politik gleichermaßen.

Doch kann eine schnelle Bearbeitung der Anträge, wie sie Behörden-Chef Weise verspricht, verheerende Auswirkungen für die Asylbewerber haben. Denn bei aller Schnelligkeit kommt es immer auch auf die Sorgfalt bei jeder einzelnen Antragsprüfung an. Jeder Asylbewerber hat genau eine Chance, sein Begehren in einem persönlichen Gespräch bei der Behörde darzulegen. Wenn nun wegen der vielen Anträge die Zeit für dieses Gespräch systematisch beschnitten wird und schlecht ausgebildeten Asylentscheidern die Sensibilität fehlt, das Schicksal des Antragstellers zu erfassen, dann drohen zuhauf ungerechte Entscheidungen. Massenhafte Abschiebungen wären die Folge. Eine solche Behördenpraxis, die durchaus im Sinne einiger Regierungspolitiker wäre, würde vor allem eines darstellen: eine weitere Aushöhlung des Rechts auf Asyl.

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