Der Spezialist für Traditionsklubs
Folge 88 der nd-Serie »Ostkurve«: Dresdens Trainer Uwe Neuhaus und Dynamos Aufschwung
Die Mannschaft hat in Osnabrück übernachtet und kam erst Donnerstagnachmittag zurück nach Dresden. Hatten die Spieler nach dem 3:0 beim Tabellendritten ein paar mehr Freiheiten als sonst?
Nein, die Abläufe sind immer gleich. Ich sehe auch keinen Grund sie zu verändern. Wir haben am Sonntag gegen die Stuttgarter Kickers schon wieder das nächste Spiel und da sind wir auch wieder in der Pflicht.
Ein klarer Sieg im Spitzenspiel, 14 Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz und 12 auf den Tabellenzweiten: Was macht Dynamo in dieser Saison so viel besser als den Rest der 3. Liga?
Wir wissen, dass wir eine gute Mannschaft beisammen haben. Deshalb haben wir auch den Aufstieg als klares Ziel ausgegeben. Aber ganz wichtig war unser guter Start in die Saison. Da haben wir unglaublich viele Siege eingefahren und uns schon recht früh einen Vorsprung herausgearbeitet. Dementsprechend ist das Selbstvertrauen gewachsen. Dann läuft es fast von alleine und alle glauben an das Ziel. Wir haben natürlich auch hart dafür gearbeitet.
Die Arbeit als Trainer macht sicherlich mehr Spaß, wenn man Erfolg hat. Wie unterscheidet sie sich von den Zeiten, in denen es nicht so gut läuft?
Man muss immer aufpassen, dass die Konzentration oben gehalten wird, dass man, auch wenn man so einen großen Vorsprung hat, nicht leichtsinnig wird. Was uns dabei entscheidend geholfen hat, ist die große Dichte in unserem Kader. Wir sind fast auf jeder Position doppelt und meistens gleich gut besetzt. So konnte sich eigentlich kein Spieler eine Ruhe- oder Schwächephase erlauben.
Eine wirkliche Schwächephase hatte die Mannschaft auch nie. Einzig im November gab es nach zwölf Siegen in 15 Spielen eine Serie von fünf Spielen ohne Erfolg. Der Start nach der Winterpause verlief mit vier Punkten aus drei Spielen auch nicht optimal. Kamen Ihnen irgendwann mal Zweifel?
Nein, wir haben nie an uns gezweifelt. Natürlich wollen wir immer gewinnen, aber das funktioniert eben nicht immer. Trotzdem haben wir immer unser Spiel gespielt und versucht, es durchzusetzen. Das ist uns auch bei der Unentschieden-Serie im November immer wieder gut gelungen. Nach der Winterpause haben wir gleich das erste Spiel in Erfurt verloren. Aber auch dort hatten wir viele Torchancen, genauso wie danach in Chemnitz und Halle. Phasen, in denen Mannschaften mal nicht das Tor treffen, gibt es immer wieder. Und man kann einfach nicht davon ausgehen, dass wir jeden Gegner an die Wand spielen. Mittlerweile sind aber wir schon wieder die beste Rückrundenmannschaft. Dass die Erwartungen nach dem guten Saisonstart immens gestiegen sind, war klar. Wir hatten auch Heimspiele, wo es nach 20 Minuten schon ein wenig unruhig wurde, weil wir eben nicht schon wieder 3:0 geführt haben. Wichtig ist, dass die Mannschaft ruhig bleibt.
Als Sie im Sommer nach Dresden kamen, haben Sie ganz klar formuliert, dass in dieser Saison nur der Aufstieg zählt. Was hat Sie so sicher gemacht?
Sicher kann man sich nie sein. Viele Mannschaften, die im Vorfeld zu den Favoriten zählen, zeigen, dass es nicht ganz so einfach ist und vieles dazwischenkommen kann. Aber einerseits sind bei Dynamo als ehemaliger Zweitligist die Rahmenbedingungen für die dritte Liga hervorragend. Andererseits hatte ich den großen Vorteil, dass ich im Vorfeld viel Zeit hatte, die Mannschaft kennenzulernen, sie zu bewerten und zu beurteilen, auf welchen Positionen sie noch verstärkt werden muss.
Vor Ihnen haben es bei Dynamo schon ein paar andere Trainer versucht. Jetzt steht der Klub vor dem Aufstieg. Der Erfolg trägt Ihren Namen. Würden Sie dieser Aussage widersprechen?
Ja. Das will ich nicht für mich in Anspruch nehmen. Viel Gutes war schon vorhanden, ich habe dies mit meiner Arbeit nur zielgerichtet fortgesetzt.
Warum haben Sie sich eigentlich für Dresden entschieden? Es gab ja auch andere Angebote von Klubs, die höherklassig spielen.
Ich habe hier die Chance gesehen, etwas aufzubauen, viel erreichen zu können. Dazu gehörte auch, das Ziel Zweite Liga so früh bekanntzugeben. Und wie schon gesagt, die Voraussetzungen bei Dynamo sind gut. Das ist ein toller Verein - und ja, wir haben noch einiges vor.
Können Sie die guten Rahmenbedingungen konkret benennen?
Neben der Mannschaft gehört das gesamte Funktionsteam dazu. Wir haben hier beispielsweise drei Physiotherapeuten. Das ist nicht selbstverständlich. Wir haben ein super Stadion. Wir haben unglaubliche Fans. Der gesamte Verein lebt und liebt Fußball, alle stehen hinter der Mannschaft. Das ist eine unglaublich Wucht, die hier bei den Heimspielen entsteht. Nicht umsonst haben wir so eine unglaubliche Heimserie.
Sie scheinen ein Spezialist für kriselnde Ostklubs zu sein. Sie waren sieben Jahre beim 1. FC Union Berlin, haben den Klub aus der Regionalliga geholt und in der 2. Bundesliga etabliert. Nun geht›s mit Dynamo nach oben. Was macht solche Vereine für Sie interessant?
Beide Klubs haben viel gemeinsam. Wie in Dresden habe ich auch bei Union die Möglichkeit gesehen, etwas aufzubauen. Bei beiden war ein ordentliches Fundament vorhanden, weil beide Traditionsvereine sind.
Also sind Sie ein Spezialist für Traditionsvereine.
Spezialist hin oder her, weiß ich nicht. Ich habe jedenfalls immer für Traditionsvereine gearbeitet. Es macht einfach großen Spaß in Klubs zu trainieren, die so viel Leidenschaft umgibt. Diese Klubs leben: In guten Phasen geht es richtig rund, in schlechten Phasen hält man noch mehr zusammen. Das liegt mir einfach.
Sie kennen auch die zweite Liga sehr gut. Welche Rolle kann Dynamo dort spielen?
Darüber spreche ich jetzt noch nicht. Wenn wir es geschafft haben, werden wir versuchen, uns bestmöglich vorzubereiten. Wir können auf einem stabilen Gerüst aufbauen. Es ist aber auch notwendig, im Sommer Qualität und neue Impulse in die Mannschaft zu bringen, um die nächste Aufgabe anzugehen.
Der Erfolg Ihrer Mannschaft hat auch dazu geführt, dass einige Ihrer Spieler sehr begehrt sind.
Wir wissen natürlich, dass viele unserer Spieler im Fokus anderer Klubs stehen. Zudem laufen einige Verträge aus. Wir werden versuchen, mit den Mitteln, die wir haben, die Spieler zu halten, die wir halten wollen. Da sind wir auf einem ganz guten Weg. Gegen die ganz große Konkurrenz können wir finanziell aber nicht mithalten. Da müssen wir auch andere Lösungen haben, und die werden wir dann auch präsentieren.
Nach der langen Zeit in Berlin mussten Sie sich beruflich und auch privat an ein neues Umfeld gewöhnen. Wie ist es Ihnen in Dresden gelungen?
Wir fühlen uns hier richtig wohl. Dresden ist zum einen eine schöne Stadt. Zum anderen wohnen wir ein wenig außerhalb, wo wir dann auch für uns privat sein können. Es ist mir wichtig, auch mal abschalten zu können. Die Bindung zum Verein ist nach sieben Jahren natürlich eine andere als nach einem guten halben Jahr. Aber das entwickelt sich. Für mich gehört das dazu, sich in einem Verein wirklich wohl zu fühlen. Das ist für die Arbeit und das Private absolut wichtig.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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