Altes Prinzip, neues Reich

Die FIFA hat sich nicht verändert, meint Alexander Ludewig

Nach den vielen Skandalen im Weltfußball weiß nun jeder, wie viel der ehemalige und nun für sechs Jahre gesperrte Präsident Joseph Blatter verdient hat - damit endet aber auch der Wille zur Transparenz der »neuen« FIFA.

Transparenz. Ein Modewort mit großem Klang. Als bußfertige Antwort auf dunkle Machenschaften, die bei Lichte besehen, moralisch oder per Gesetz, verurteilenswert sind, bleibt sie jedoch oft ohne große Wirkung auf künftiges Handeln. Nach den vielen Skandalen im Weltfußball weiß nun jeder, wie viel der ehemalige und nun für sechs Jahre gesperrte FIFA-Präsident Joseph Blatter verdient hat. 3,3 Millionen Euro pro Jahr: Diese Zahl, lang gehütetes Geheimnis, hat der Weltverband seinen Kritikern zum Fraß vorgeworfen.

Damit endet aber auch der Wille der »neuen« FIFA, ihr Handeln nachvollziehbar zu gestalten. Das Gehalt des neuen Präsidenten Gianni Infantino bleibt vorerst geheim. Und: Der Name Blatter spielt weiterhin eine Rolle, ein undurchsichtige. Philippe, der Neffe von Joseph Blatter, ist Geschäftsführer der Wanda Sports Holding. Diese gehört zur Wanda Group. Deren Chef ist Chinas reichster Mann: Wang Jianlin. Mit ihm und seinem großen, weltweit aktiven Firmennetzwerk hat die FIFA jetzt einen Vertrag geschlossen, Laufzeit 14 Jahre. »Es ist ein wichtiger Vertrag. Er ist sehr, sehr groß und umfangreich«, orakelte Infantino. Während mit den insgesamt 180 Millionen Dollar die Zahlungen der zuletzt fünf exklusiven FIFA-Partner für 2015 bekannt sind, bleiben die Zuwendungen des neuen Premiumsponsors geheim. Mehrere Hundert Millionen Dollar sollen es sein.

Altes Prinzip, neues Reich: »Es ist für uns strategisch sehr wichtig, in Zukunft zum ersten Mal ein chinesisches Unternehmen an Bord zu haben«, sagte Infantino. Auch der neue Präsident will expandieren - um Macht, Einfluss und Einnahmen zu vergrößern. 2015 hatte die FIFA schließlich erstmals seit 13 Jahren wieder Verluste gemacht.

Compliance. Noch so ein Modewort. Und auch nicht mehr als eine reumütige, inhaltslose Antwort auf die Krise nach den Korruptionsskandalen. Denn das Handeln der FIFA bestimmen auch jetzt nicht ethische und moralische Regeln. China belegt im Korruptionsindex von Transparency International von 168 Ländern nur einen Mittelfeldplatz. Da mögliche Geldgeber aus besser gestellten Nationen gerade nicht allzu viel Vertrauen haben und auf ihr eigenes Image achten müssen, nimmt der Weltverband eben, was er kriegen kann. Im Gegenzug bekommt die Wanda Group »Sponsorenrechte der höchsten Ebene«.

Für eine Milliarde Euro kaufte die Wanda Group vor einem Jahr die Firma Infront. Der Sportrechtevermarkter ist ein langjähriger Geschäftspartner des Weltverbandes. Was das bedeutet? Dass sich auch über ihn Gerüchte von Vorteilsnahme und Bestechung hartnäckig halten. Zuletzt wurde im Oktober bekannt, dass die FIFA die millionenschweren Fernsehrechte an den Weltmeisterschaften 2018 in Russland und 2022 in Katar ohne Bieterverfahren an Infront vergeben haben soll. Damaliger Infront-Chef und jetzt Geschäftsführer der Wanda Sports Holding: Philippe Blatter.

Der Vertrag mit der Wanda Group läuft bis 2030. Zufall? Wohl kaum. Konzernchef Wang Jianlin sagte am Montag: »Wenn sich China um eine WM-Austragung bewerben sollte, erhöht unser Deal die Chancen gewaltig.« Weil die WM in sechs Jahren in Katar ausgetragen wird, ist eine Bewerbung aus Asien erst wieder für 2030 möglich. Dass künftig die Delegierten der 209 FIFA-Mitglieder auf dem Kongress den WM-Ausrichter wählen, um Stimmenkauf zu verhindern, ist auch Teil des Reformpakets des Weltverbandes. Aber das sind Transparenz und Compliance ja auch.

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