Die Wucht des Faktischen
Uwe Sattler glaubt, dass Europa auch künftig mit Terror leben muss
Das Attentat im Jüdischen Museum von Belgien in Brüssel, der Terrorangriff auf die französische Satirezeitschrift »Charlie Hebdo«, der Überfall im Thalys-Schnellzug Brüssel – Paris, die Schüsse auf ein Kulturcafé in Kopenhagen und das Massaker an Besuchern des Pariser Bataclan-Theaters. Und jetzt wieder Brüssel. Mit tödlicher Wucht reagieren Bombenleger ganz offensichtlich auf die Festnahme mutmaßlicher Bataclan-Attentäter in der vergangenen Woche und treffen abermals Unschuldige. Der islamistische Terror, so belegt die Chronik allein der größeren Anschläge der letzten Monate, hat in (West-)Europa Fuß gefasst. Und trifft mit Brüssel, das sich gern als Herz Europas sieht, eine Metropole mit hohem Symbolwert auch für Attentäter.
Daran-hat-der-Westen-selbst-Schuld-Kommentare sind in dieser Situation wohlfeil. Ja, der Norden lebt seit Jahrhunderten auf Kosten des Südens, die aktuelle Politik ändert daran nichts, die Großmächte führten und führen Stellvertreterkriege in Krisenregionen, unterstützten dubiose militärische Gruppierungen je nach Interessenlage. Ganze Staaten wurden dem politischen und wirtschaftliche Zerfall preisgegeben, »effiziente« Waffen, oft aus westlichen Rüstungsexporten, sind leicht verfügbar, und insbesondere Europa verweigert sich, sein diplomatisches Potenzial zur Entspannung von Konflikten einzubringen. All dies ist richtig – und liefert keinerlei Rezept, wie Anschläge wenn schon nicht verhindert, dann doch zumindest ihre Zahl und ihr Ausmaß begrenzt werden können.
Man braucht kein Prophet zu sein um vorauszusehen, dass sich die Spirale der Gewalt weiterdreht: neue Razzien in der sogenannten Islamistenszene, weitere Festnahmen, abermals Angriffe als »Racheakte«. So bitter es ist: Europa wird sich damit abfinden müssen, mit dem Terror zu leben.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.