Natur gehört zum guten Leben

Große Mehrheit der Bevölkerung will laut einer Studie eine Agrarwende

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Deutschen stehen auf Natur. Und ihre Vorstellung von einer umweltverträglichen Landwirtschaft stellt die Agrarindustrie vor mächtige Herausforderungen, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Eine bessere Haltung von Nutztieren und weniger Pestizide, Gentechnik und Kunstdünger auf dem Acker - eine große Mehrheit der Deutschen wünscht sich strengere Regeln und Gesetze für die Landwirtschaft, auch wenn die Lebensmittel deshalb teurer werden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zum Naturbewusstsein der Deutschen.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nannte die Ergebnisse bei der Vorstellung in Berlin ein starkes Signal für die Agrarpolitik: »Es gibt eine große gesellschaftliche Mehrheit für eine Agrarwende.« Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) warnte dagegen in einer ersten Reaktion vor einer Überforderung der Landwirtschaft und Ernährungsindustrie.

Für die Studie wurden im vergangenen Sommer 2054 Personen »aus der deutschsprachigen Wohnbevölkerung« im Alter ab 18 Jahren befragt. Es ist die vierte bundesweite Befragung zum Bewusstsein der Bevölkerung zu Natur, Naturschutz und biologische Vielfalt seit 2009.

Der Landwirtschaftsexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Martin Hofstetter, erklärte zur Umfrage, »die Menschen haben genug von schockierenden Bildern aus der Massentierhaltung, von Lebensmittelskandalen und den fatalen Folgen gefährlicher Pestizide«. Die Ergebnisse der Umfrage seien ein klares Signal an die Bundesregierung, »dass die Bevölkerung eine Agrarwende hin zu mehr Tier- und Umweltschutz will«.

Hendricks erklärte, das Ergebnis bestärke sie in ihrer Forderung, »das System der Agrarsubventionen vom Kopf auf die Füße zu stellen«. Zahlungen an Landwirte sollte es künftig nur bei einem gesellschaftlichen Mehrwert geben und nur bei konkreten Leistungen für die Natur.

BfN-Präsidentin Beate Jessel verwies auf den unterschiedlichen Stellenwert, den die Natur in der Gesellschaft einnimmt. So sähen etwa junge Menschen seltener Handlungsbedarf als ältere. »Großstädter messen der Natur eine geringere Wertschätzung bei als Menschen, die in kleineren Orten leben.« Dabei zeigten die Daten, dass in den Städten gerade einkommensschwache und ältere Menschen die Stadtnatur wie etwa Parks besonders häufig nutzen.

Laut Studie befürworten 83 Prozent der Befragten strengere Regeln und Gesetze zum Schutz der Natur in der Landwirtschaft (45 Prozent »voll und ganz«, 38 Prozent »eher«). 92 Prozent wünschen sich, dass Landwirte die Auswirkungen ihres Tuns auf die Natur beachten. 93 Prozent fordern die Beachtung des Tierwohls bei der Lebensmittelproduktion. 76 Prozent halten es für wichtig, dass der Einsatz von Genpflanzen in der Landwirtschaft verboten wird. Zudem hält fast jeder Zweite möglichst regionale Anbau- und Konsumkreisläufe (47 Prozent) sowie den Ausbau der Biolandwirtschaft (46 Prozent) für sehr wichtig.

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung äußerten in der Umfrage ihre Unterstützung oder akzeptierten zumindest den Ausbau von Windenergieanlagen im Meer und auf dem Land sowie die Errichtung von Photovoltaikanlagen. Dabei sind jüngere Menschen unter 30 Jahren häufig aufgeschlossener gegenüber Landschaftsveränderungen als Ältere. Zugleich werde der Ausbau der Windkraft an Land von Bewohnern ländlicher Räume kritischer bewertet, sagte Jessel.

Für 94 Prozent der Bürger gehöre Natur zu einem guten Leben dazu. Gut neun von zehn Personen schätzten ihre Vielfalt, verbinden Natur mit Gesundheit und Erholung, betonte Hendricks. Zwei Drittel befürchten jedoch stark oder zumindest eher, dass es für die kommenden Generationen kaum noch intakte Natur geben wird (65 Prozent). epd/nd

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