Parteienstreit um künftige EU-Politik

Schäuble: Keine Visionen, sondern Pragmatismus

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Nachdem sich Großbritannien aus der EU verabschieden will, gehen die Koalitionspartner Union und SPD in der Europafrage auf Distanz. SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte auf einer Parteiveranstaltung am Samstag in Berlin vor einem Zerfall Europas: «Dieses große Zivilisationsprojekt des 20. Jahrhunderts wollen wir unseren Kindern vererben.» Zusammen mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz forderte Gabriel, die EU-Steuersysteme müssten gerechter gestaltet und Steuervermeidung entschiedener bekämpft werden. Zugleich drängte er auf eine Kurskorrektur: «Das Wichtigste ist, dass wir aus dem Stabilitäts- endlich auch einen Wachstumspakt machen», warb er für europäische Investitionsprogramme und eine aktive Arbeitsmarktpolitik.

Dem widersprach Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der «Welt am Sonntag». Es könne nicht angehen, «die falsche Idee» wiederzubeleben, «dass man mit neuen Schulden Wachstum auf Pump erzeugt. Es sei »nicht die Zeit für Visionen«, sondern für Pragmatismus. Vorrangig seien Lösungen für einzelne zentrale Probleme wie die Flüchtlingskrise und die Jugendarbeitslosigkeit. Schäuble kritisierte überdies Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) für seinen Umgang mit dem Austritt. So habe dessen Einladung an EU-Gründerstaaten zu Beratungen zwei Tage nach dem britischen EU-Referendum andere Mitglieder verunsichert. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht nannte Schäubles Äußerung »befremdlich«. Sie verwies in Berlin darauf, dass sich auch Merkel mit ausgewählten EU-Vertretern getroffen habe. Schäuble solle die Außenpolitik besser Steinmeier überlassen.

Die Linkspartei fordert noch nachdrücklicher eine andere EU-Politik. Bei dem Austritt hätten auch Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und Chauvinismus eine Rolle gespielt, sagte Linksparteichef Bernd Riexinger zum Abschluss einer Klausurtagung in Rostock. Immer mehr Leute fühlten sich sozial abgehängt. Die LINKE will mit einem Sechs-Punkte-Plan unter anderem ein Ende der Sparpolitik erreichen und schlägt ein aus einer Vermögensabgabe für Millionäre und Milliardäre finanziertes milliardenschweres Investitionsprogramm für Bildung, Erziehung, Gesundheit und öffentliche Infrastruktur vor. Agenturen/jme

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