EU-Kommission wusste schon 2010 von Abgas-Betrug

Bundesregierung war offenbar seit 2012 auch informiert / Grüne: Politik entschied bewusst, »nichts zu tun und Zeit zu gewinnen«

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Der EU-Kommission lagen einem Bericht zufolge schon im Herbst 2010 Hinweise vor, dass Autohersteller die Abgaswerte von Dieselfahrzeugen manipulieren. Wie »Spiegel Online« am Donnerstagabend unter Berufung auf interne Dokumente der EU-Kommission berichtete, war auch die Bundesregierung schon 2012 an Treffen einer Arbeitsgruppe beteiligt, in denen es um Abgasmanipulationen ging. Öffentlich wurde der Betrug im September 2015 mit dem Abgasskandal um Volkswagen, der inzwischen auch andere Autohersteller erfasst hat.

Am 8. Oktober 2010 wurde dem »Spiegel«-Bericht zufolge in einem internen Schreiben festgehalten, es sei wohlbekannt, dass es eine Diskrepanz zwischen den Emissionen von Dieselautos bei der Typenzulassung und im normalen Fahrbetrieb gebe. Es sei auch klar, woran das liege: am »verbreiteten Einsatz gewisser Minderungstechnologien in Dieselfahrzeugen«.

Im Mai 2012 informiert dem Bericht zufolge ein Kommissionsbeamter per E-Mail die zuständigen Ministerien in mehreren EU-Ländern, darunter auch das deutsche Umweltministerium, über ein Treffen einer Arbeitsgruppe zu Abgastests. Dabei sei es auch darum gegangen, dass die Autohersteller »heftigen Widerstand« gegen die Einführung bestimmter Tests leisteten. Das Ziel sei offenbar, »die Tür offenzulassen« für die Umgehung von Abgastestzyklen.

In den Dokumenten ist demnach auch mehrfach von Einflussnahme auf die Kommission die Rede, unter anderem durch die Autoindustrie. Gegenmaßnahmen blieben dem Bericht zufolge jedoch aus, unter anderem wegen Unstimmigkeiten innerhalb der Kommission. Aber auch mit den Regierungen der EU-Staaten habe es ein jahrelanges Hin und Her gegeben.

»Die Kommission hätte die Mitgliedstaaten schon vor Jahren auffordern müssen, gegen die Abgas-Mogelei vorzugehen«, sagt der Grünen-Europaabgeordnete Claude Turmes dem »Spiegel«. Obwohl die Kommission spätestens im Oktober 2010 »harte Erkenntnisse« über Manipulationen gehabt habe, »ist die politische Entscheidung gefallen, nichts zu tun und Zeit zu gewinnen«. Agenturen/nd

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal