Besetzer von LINKEN-Büro rufen zu weiteren Aktionen auf

Wegen Räumungen in Griechenland Parteizentrale in Dresden in Beschlag genommen / Linksradikale wollen Druck auf SYRIZA ausüben

  • Vincent Körner, Sebastian Bähr und Florian Brand
  • Lesedauer: 4 Min.

Unterstützer von Geflüchteten haben in Dresden das Büro der Linkspartei besetzt. Mit der Aktion wolle man gegen die Räumungen von Solidaritätsprojekten im griechischen Thessaloniki protestieren und politischen Druck auf SYRIZA machen, heißt es beim Internationalistischen Zentrum (IZ). Die für die Räumung verantwortliche Polizei unterstehe dem von der griechischen Linkspartei geführten Innenministerium, die deutsche LINKE solle ihren Einfluss auf ihre Schwesterorganisation geltend machen, so die Besetzer.

Man fordere die Rückgabe der Häuser, die Freilassung von Inhaftierten und globale Bewegungsfreiheit. »Wir wollen die Besetzung noch 24 Stunden aufrechterhalten, damit in anderen Städten die Leute noch nachziehen können«, sagte Sven Wegner, ein Sprecher des IZ, am Freitag gegenüber »nd«. »Dabei können neben Parteibüros der LINKEN auch Botschaften und Konsulate besetzt werden.« Am Nachmittag wolle man sich in einem öffentlichen Rahmen mit Anwohnern und Interessierten treffen, um zu beratschlagen, wie es weitergehen soll. Ein Teil der Besetzer war direkt vom »No Border Camp« in Griechenland angereist.

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In dem Büro am Martin-Luther-Platz hat auch die LINKEN-Vorsitzende Katja Kipping ihr Wahlkreisbüro. Wegner erklärte, dass man mit dem Einverständnis der Politikerin über ihren Twitteraccount eine Nachricht an die griechische Schwesterpartei SYRIZA übermitteln konnte. Ursprünglich habe man nur geplant, vom Büro aus ein Fax zu schicken. Laut den Aktivisten sei die Situation ruhig, die Linkspartei habe sie bisher nicht zum Verlassen des Gebäudes aufgefordert. Der Dresdner Stadtrat der LINKEN, Jens Matthis, nannte die Besetzungsaktion legitim. »Ob es was bringt, werden wir sehen«, zitiert ihn »Neustadt Geflüster«. Die Polizei werde man nicht einschalten. Beim »Asylum Movement« hieß es am Donnerstagabend, Kipping habe Gespräche mit dem SYRIZA-Vorstand zugesagt, sie wolle dort wegen der Räumungen der Solidaritätsprojekte nachhaken.

Die griechische Linkspartei hatte sich von der Polizeiaktion distanziert. »Die Kriminalisierung von Solidaritätsinitiativen ist eine Praxis, die nichts mit den Grundsätzen und Werten der Linken zu tun hat«, hieß es in einer Stellungnahme. Das geht den Besetzern in Dresden aber nicht weit genug. Als Regierungspartei habe SYRIZA doch anderen Einfluss auf die Polizei, man könne die Erklärung daher »nicht ernst nehmen«. IZ-Sprecher Wegner erklärte gegenüber »nd«: »Als Internationalistisches Zentrum setzen wir nicht auf die Parlamente. Sie sind aber dennoch eine faktische Macht, mit der man umgehen muss. Die Besetzung ist unser Versuch, genau dies zu tun.«

Am Donnerstagabend hatte es bei ausgelassener Stimmung vor dem besetzten Büro unter anderem Rap aus dem kurdischen Rojava gegeben, die nächtliche Szenerie wurde von roten Feuern illuminiert. Anwohner wären laut Wegner sehr interessiert gewesen und hätten eine Tischtennisplatte vorbei gebracht.

Der SYRIZA-Politiker Giorgos Chondros bekräftigte inzwischen im Kurznachrichtendienst Twitter, seine Partei sei »gegen die Räumung« und habe die Polizeiaktion »stark verurteilt«. In Thessaloniki waren am Mittwoch drei Hausprojekte, in denen Geflüchtete und linke Organisationen gemeinsam für Hilfe sorgten und eine andere Politik entwickeln wollten, geräumt worden. Aus Protest dagegen hatten Linke am Mittwoch bereits die SYRIZA-Parteizentrale in Thessaloniki besetzt. Die Soli-Besetzung in Dresden sei eine Unterstützung des selbstorganisierten Kampfes der Geflüchteten in Griechenland, hieß es in einer Erklärung. Man wolle »auch hier Druck aufbauen«.

Unbekannte haben derweil am Freitagmorgen SYRIZA-Büros im Athener Stadtteil Petralona, sowie in Thessalonikis Stadtteil Kalamaria beschädigt, wie die griechische Polizei mitteilte. Zeitgleich soll eine Gruppe von rund 15 Personen mit griechischen Bereitschaftspolizisten in der Nähe des Hauses von Staatsminister Alekos Flambouraris aneinander geraten sein. Es wäre demnach das vierte Mal, dass das Haus von Flambouraris das Ziel von Protesten wurde.

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