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Wo John Lennon kreiselt

In Göttingen werden an Verkehrsinseln Namen von Rockmusikern angebracht

  • Reimar Paul, Göttingen
  • Lesedauer: 3 Min.

John Lennon wäre am vergangenen Sonntag 76 Jahre alt geworden. Seit Sonntag trägt auch ein Verkehrskreisel im Gewerbegebiet im Göttinger Norden den Namen des Mitbegründers, Gitarristen, Sängers und Komponisten der Beatles. Rund 30 Rockmusik-Fans um den Göttinger SPD-Mann Horst Reinert stellten das Banner mit Lennons Namen und einigen biografischen Angaben inmitten des Kreisels auf und stießen mit Sekt und Dosenbier auf ihre Aktion an. Dabei ertönte, na klar, der Lennon-Song »Revolution«.

Die Namensgebung ist vorerst nur inoffiziell. Der SPD-Ortsverein im nördlichen Stadtteil Weende hatte auf Reinerts Initiative vor mehr als einem Jahr beschlossen, dass Kreisel im Göttinger Stadtgebiet nach berühmten verstorbenen Rockmusikern benannt werden sollen. Nach Jim Morrison und Jimi Hendrix etwa, Janis Joplin, Buddy Holly, Kurt Cobain oder eben Lennon. Eine »Kommission aus örtlichen MusikerInnen und Aktiven der Musikszene« solle die jeweiligen Namensgeber auswählen. Die Schilder, so Reinert, seien dabei so zu platzieren, »dass sie bei Einfahrt in den Kreisel zu lesen sind«.

Die Weender Genossen trugen ihr Anliegen der SPD-Stadtratsfraktion vor, die - zusammen mit den Grünen - die Mehrheit der Sitze im Kommunalparlament hält. Dort blieb der Vorstoß aufgrund drängenderer Themen im Vorfeld der niedersächsischen Kommunalwahlen Anfang September aber zunächst liegen. Deshalb sei es nun an der Zeit gewesen, das Thema der neuen SPD-Fraktion in Erinnerung zu rufen, sagt Reinert. Nichts eigne sich dafür besser, »als die Angelegenheit in die eigenen Hände zu nehmen.« Und das alles ohne großen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Reinert gab die Gestaltung des Kreiselbanners im Internet in Auftrag, ließ alles auf eine Lkw-Plane drucken, besorgte im Baumarkt zwei Holzpfähle, Kabel und Ösen - die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 50 Euro. Dass zu der Zeremonie am Sonntag Lennon-Songs abgespielt würden, hatte Reinert ordnungsgemäß bei der Musikrechte-Verwertungsgesellschaft Gema angekündigt.

Aus Sicht der Weender Sozialdemokraten hat die Namensgebung zudem einen praktischen Nutzen für ortsunkundige Autofahrer. Denen könne man den Weg jetzt viel einfacher erklären: Über den John-Lennon-Kreisel, dann rechts, schon sei der Autobahn-Zubringer erreicht.

In der Göttinger Stadtverwaltung stößt so viel Eigeninitiative noch auf Skepsis. Die Lennon-Fans sollten bedenken, dass sie mit der Aktion nur ihre eigenen musikalischen Interessen durchsetzten, sagt ein Sprecher. Ob andere Menschen diese Vorlieben teilten, interessiere sie offenbar nicht. Das wollen die Gescholtenen keinesfalls so stehen lassen. Generationen von Göttingern, so Reinert und seine Mitstreiter, seien inzwischen mit einer Musik aufgewachsen, die mit den klassischen Komponisten nichts zu tun habe. Mit den nach Brahms, Händel oder Beethoven benannten Göttinger Straßen verbinde doch auch nur eine Minderheit musikalische Vorlieben.

Und auch eine weitere niedersächsische Kommune erinnert derzeit an John Lennon: In Verden wird eine Ausstellung über den Beatle gezeigt. Anlass ist der Besuch des Musikers in der Stadt vor 50 Jahren für Dreharbeiten zu Richard Lesters Anti-Kriegsfilm »How I won the War«. Lennon spielt darin einen Soldaten, der in einer Szene eine Handgranate sechsmal gegen eine Haustür wirft.

Die Sonderausstellung im Verdener Pferdemuseum umfasst unter anderem damals veröffentlichte Fotos und Zeitungsartikel, Plastikfiguren sowie CDs und Schallplatten. Lennon, der in der Auflösungsphase der Beatles mit seiner zweiten Ehefrau Yoko Ono mehrere öffentlichkeitswirksame Happenings für den Weltfrieden veranstaltete, wurde 1980 von einem geistig verwirrten, aber auch tief religiösen Attentäter in New York erschossen.

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