CDU in Sachsen darf LINKE »Terroristen« nennen

Staatsanwaltschaft stellt Verfahren wegen Verleumdung gegen den CDU-Abgeordneten Frank Heidan ein

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.

Die CDU in Sachsen darf den LINKEN-Landtagsabgeordneten Marco Böhme als »Terroristen« bezeichnen. Die Bestätigung bekam der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Heidan von der Staatsanwaltschaft, die ein Verfahren gegen ihn wegen Verleumdung einstellte.

Nach den »Ende Gelände« Protesten am Pfingstwochenende in der Lausitz stritten sich die Fraktionen im Dresdner Landtag zum Thema »Mit der Braunkohle als Brückentechnologie den Strukturwandel gestalten – die Lausitz braucht Zukunft und keine Gewalttäter«. Beantragt wurde die Aktuelle Debatte damals von CDU/SPD-Koalitionsfraktionen. In seinem Redebeitrag bezeichnete der CDU-Abgeordnete Heidan Teilnehmende am Anti-Kohle-Protest als Straftäter, die zu Gewalt aufgerufen hätten: »Denn das, was die Krawallbrüder, ob jetzt Kagelmann, Böhme oder wie sie alle heißen, hier praktiziert haben, ist eines Fraktionsvorsitzenden der LINKEN in diesem Hohen Haus nicht mehr würdig.« Weiter: »Die LINKEN sind Krawallbrüder, das sind Straftäter.« Heidan scheute auch nicht davor zurück, die Protestierenden in der Lausitz unter Beifall der CDU-Fraktion als »Terroristen« zu bezeichnen: »Es sind Terroristen, dabei bleibe ich. Sie haben massiv die Energieversorgung gefährdet.«

Marco Böhme erstattete daraufhin Anzeige wegen Verleumdung. Gegenüber »nd« sagte der 28-Jährige Abgeordnete, dass die CDU die LINKE zwar schön öfters mit »sie und ihre Antifa« anginge, aber dass LINKEN-Abgeordnete als Terroristen und Krawallbrüder bezeichnet würden, habe es bisher noch nicht gegeben. In der Anzeige schrieb Böhme, die in der Plenarsitzung »seitens des Abgeordneten Frank Heidan gegen mich aufgestellten und geäußerten falschen Tatsachenbehauptungen verletzen meine Ehre und den Achtungsanspruch, der jedem Menschen zusteht.«

Die Oberstaatsanwaltschaft in Dresden stellte das Verfahren nun ein. Da die Aussagen im Parlament getätigt wurden, stehe der CDU-Abgeordnete Heidan unter Indemnität, dem Schutz der Abgeordneten vor dienstlicher oder gerichtlicher Verfolgung wegen Äußerungen, die im Parlament oder den Ausschüssen getan wurden. Ausgenommen von diesem Schutz sind Verleumdungen, also die Behauptung falscher Tatsachen wieder besseren Wissens. Andere Straftaten wie Beleidigung oder Üble Nachrede können laut Sächsischer Landesverfassung nicht verfolgt werden.

Die Staatsanwaltschaft schätzt die Aussagen »Krawallbruder« und »Terrorist« als Wertschätzungen ein, die wegen der Indemnität nicht verfolgt werden können. Dem Vorwurf Heidans, Böhme hätte zu Gewalt aufgerufen, widerspricht die Staatsanwaltschaft zwar, jedoch gesteht sie dem CDU-Landtagsabgeordneten zu, dass er die Beschuldigung nicht wider besseren Wissens geäußert hatte.

Heidan berief sich auf einen Aufruf Böhmes auf dessen Homepage, in dem zu »kreativen Protesten und Aktionsformen« gegen den Tagebau in der Lausitz aufgerufen wird. Darin heißt es, an den Investor Vattenfall gerichtete, »wer die Kohleindustrie kauft, kauft auch den Protest mit!« Wie die Staatsanwaltschaft feststellte, findet sich in dem Aufruf kein Aufruf zu Gewalt. Jedoch fände sich in dem Papier zumindest die Aufforderung zum Rechtsbruch. Die Staatsanwaltschaft tadelte Böhme dabei für eine »Ambivalenz« hinsichtlich der Rechtstreue des LINKEN-Abgeordneten.

Dieser nimmt die Einstellung des Verfahrens nicht zu ernst. Böhme erklärte zwar, dass die Unterstellung, Terrorist zu sein, ihn in seiner Funktion als Sprecher für Klimaschutz, Energie und Mobilität in der sächsischen Linksfraktion schädige, da nun auch Gesprächspartner die Anschuldigungen lesen könnten. Allerdings sei die Anzeige vor allem auch ein Test seiner Fraktion gewesen, wie weit die Indemnität reiche. Offensichtlich weit genug, um LINKEN-Abgeordnete als »Terroristen« und »Krawallbrüder« zu bezeichnen.

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