Ein braunes Netzwerk

Vielfältige Aktivitäten von Rechten in Chemnitz

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Am 28. März 2014 feierte sich das sächsische Innenministerium für einen Schlag gegen die rechtsextreme Szene in Chemnitz: An diesem Tag wurden die »Nationalen Sozialisten Chemnitz« verboten, eine Kameradschaft, deren Vorläufer bis 2001 zurückreichen und die auch unter radikalen Fans des Chemnitzer FC gut vernetzt war. Der 56 Seiten lange Bescheid zum Verbot schilderte einen straffen Kameradschaftsalltag. Gestützt wurde das Verbot unter anderem auf Verabredungen zu gewaltsamen Attacken auf »Nichtdeutsche«. Wie wirksam es war, darf freilich gefragt werden. Wegen der Aktivitäten von »Rechtem Plenum« und »Kopfsteinpflaster« auf dem Sonnenberg resümierte Kerstin Köditz (LINKE) im September 2016, die Szene habe sich in der Stadt »neu aufgestellt«.

Ohnehin zeigte sie sich dort seit jeher in nahezu lehrbuchmäßiger Vielfalt, wie ein umfassender, wenn auch nicht mehr ganz aktueller Überblick auf der vom DGB unterstützten Seite »Wachsam in Chemnitz« belegt. Neben Kameradschaften wie den »Nationalen Sozialisten« wird dort etwa auf Vertriebsstrukturen verwiesen - vor allem Läden wie »Backstreet Noise« und »PC Records«. Letzterer verkauft nicht nur Musik und Kleidung für den Nazibedarf, sondern produziert auch Rechtsrock von Bands wie der Chemnitzer Formation »Blitzkrieg« oder für die »Schulhof-CD«, die eine Nachwuchstruppe der NPD einst im Wahlkampf in Sachsen verteilte.

Die NPD selbst führte in Chemnitz eher ein Schattendasein; den äußersten rechten Platz im Stadtparlament nimmt statt dessen die Gruppierung »Pro Chemnitz« ein. Prominentester Kopf ist der Anwalt Martin Kohlmann, der 1999 noch auf dem Ticket der Republikaner in den Stadtrat einzog. Im Jahr 2004 brachte es die Gruppierung auf 10,3 Prozent, was ihr den Fraktionsstatus sicherte. Die Truppe gibt sich einen betont bürgerlichen Anstrich, hat aber keine Berührungsängste nach Rechtsaußen, wie Kandidaturen von bekannten Vertretern des Kameradschaftsmilieus bei Wahlen belegen. Holger Apfel, der Ex-Landeschef der NPD, soll eine Stärkung der »Achse Dresden - Chemnitz« propagiert haben, was sich auf die Gruppe um Kohlmann bezog

Dieser hat seine Wurzeln in einem eher intellektuellen Milieu; er gehörte zu den Mitbegründern der »Pennalen Burschenschaft Theodor Körner«, die 2002 an einem Gymnasium in Chemnitz entstand. Deren seit 2004 bestehende Schülerzeitung »Blaue Narzisse« ist mittlerweile ein etabliertes Online-Magazin im Umkreis der »neuen Rechten«. Mitgründer Felix Menzel wird die Äußerung zugeschrieben, man kämpfe weiter für eine »Normalität des rechten Denkens«. Personelle Überschneidungen gibt es zu Publikationen wie der »Sezession« und zur »Jungen Freiheit«.

Eine weitere Facette bildete das »Rechte Plenum« - eine Gruppe, deren Mitglieder auf Indymedia »Nazi-Hipster« genannt wurden, die sich seit dem »Outing« im November aber zurückgezogen zu haben scheinen: Die entsprechenden Profile in den sozialen Netzwerken wurden überwiegend gelöscht oder stillgelegt.

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