Amnesty warnt vor Verlust von Freiheiten im Anti-Terror-Kampf

Menschenrechtsorganisation warnt: Überwachungsanlässe bei reiner Auslandskommunikation so vage formuliert, dass es kaum Beschränkungen gibt

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Im Anti-Terror-Kampf drohten Grundfreiheiten auf der Strecke zu bleiben, warnt Amnesty International. »Regierungen haben eine Vielzahl an unverhältnismäßigen und diskriminierenden Gesetzen durchgepeitscht«, erklärte der Europa-Chef der Menschenrechtsorganisation, John Dalhuisen. Amnesty veröffentlichte am Dienstag in Brüssel einen Bericht zur Situation in vierzehn EU-Staaten in den vergangenen beiden Jahren.

In Deutschland bemängelt die Organisation insbesondere die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das BND-Gesetz ermögliche Verletzungen der Rechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit. »Der BND kann demnach SMS, Telefonate und E-Mails im Ausland nahezu anlasslos überwachen«, erklärte Anton Landgraf von Amnesty International in Deutschland. »Amnesty International kritisiert, dass die Überwachungsanlässe bei der reinen Auslandskommunikation so vage formuliert sind, dass es kaum Beschränkungen gibt.«

Die Sicherheitsbehörden haben demnach in vielen Ländern mehr Möglichkeiten bekommen, ohne richterliche Kontrolle oder andere Aufsicht gegen Verdächtige vorzugehen - nach Ansicht der Autoren ein »Rezept für Missbrauch«. Auch harmlose Formen der Kritik würden für illegal erklärt, bemängelt Amnesty. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlung blieben auf der Strecke. Muslime liefen Gefahr, unter Generalverdacht zu geraten.

Eigentlich für außergewöhnliche Bedrohungslagen gedachte nationale Notstände drohten zum Dauerzustand zu werden, so Amnesty. Die französische Regierung versuche zudem, den Sicherheitsbehörden weitreichende Rechte zu verschaffen, die auch jenseits des schon mehrfach verlängerten Ausnahmezustands gelten würden.

In Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Polen, Spanien oder Großbritannien werde der Begriff »Terrorismus« vage oder allzu weitreichend definiert, bemängelt Amnesty. Das erlaube den Behörden, große Personenkreise ohne konkreten Anlass zu überwachen.

Oft genüge schon die mutmaßliche Absicht, terroristische Taten zu begehen, für Reiseverbote oder elektronische Überwachung. Die Begründung für solche Einschränkungen bleibe oft unter Verschluss, was den Betreffenden wenig Möglichkeiten zur Gegenwehr lasse. Agenturen/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal