Sechs Tote bei Angriff auf Moschee in Quebec

Kanadischer Premier spricht von »Terrorakt gegen Muslime« / Zwei Verdächtige festgenommen

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Québec. Ein bewaffneter Angriff auf eine Moschee in Kanada mit sechs Toten hat weltweit für Entsetzen gesorgt. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau sprach am Montag von einem »Terroranschlag«, nachdem das Gotteshaus am Vorabend gestürmt worden war. Die Regierungen in Berlin und Paris verurteilten den »verachtenswerten« Anschlag, auch die muslimische Welt zeigte sich erschüttert. Es gab zwei Festnahmen, einer der beiden Männer wurde als Verdächtiger eingestuft.

Wie Augenzeugen berichteten, wurde das Kulturzentrum am Sonntag zum Ende des Abendgebets angegriffen. Etwa 50 Menschen hielten sich zu diesem Zeitpunkt in der Einrichtung auf, die auch Große Moschee genannt wird. Sechs Menschen wurden getötet und acht weitere verletzt.

Die Polizei von Québec traf wenige Minuten nach den ersten Notrufen am Tatort ein und nahm einen Mann fest. Ein zweiter Mann rief nach neuen Angaben der Behörden wenig später selbst bei der Polizei an und stellte sich. Später hieß es, nur einer der beiden Festgenommenen werde »als Verdächtiger« behandelt, der zweite werde »als Zeuge« des Angriffs eingestuft. Zu den Motiven des Attentats wurde zunächst aber nichts bekannt.

Auch Angaben zur Identität der Männer machten die Behörden zunächst nicht. Örtliche Medien identifizierten sie indes als Alexandre B., einen Franko-Kanadier, und Mohamed K., einen Kanadier mit marokkanischen Wurzeln. Die Polizei sprach lediglich von zwei kanadischen Bürgern. Wer von ihnen als Verdächtiger und wer als Zeuge galt, blieb unklar. Bei allen sechs Opfern handelte es sich nach Angaben des Kulturzentrums um Kanadier mit ausländischen Wurzeln, darunter aus Marokko und Algerien.

Es war der erste tödliche Anschlag auf eine Moschee in Kanada. »Ich verstehe nicht, warum das hier passierte, es ist doch nur eine kleine Moschee in Québec, hier ist nicht Montréal und nicht Toronto«, sagte ein Mann, der den Angriff miterlebte.

Premierminister Trudeau verurteilte das »terroristische Attentat auf Muslime in einem Gotteshaus«. Muslimische Kanadier seien ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Québec lehne »diese barbarische Gewalt« ab, erklärte auch der Regierungschef der Provinz Québec, Philippe Couillard. Er rief zur Solidarität mit »allen Einwohnern Québecs muslimischen Glaubens« auf. Vor der Moschee gab es eine spontane Kundgebung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Attacke eine »verachtenswerte Tat«. Das »grausame Attentat auf betende Muslime« verurteilte auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem Anschlag auf »den Geist des Friedens und der Offenheit« in Québec. US-Präsident Donald Trump sprach Premier Trudeau und dem kanadischen Volk in einem Anruf sein Beileid aus.

Auch die höchste sunnitische Autorität, die Al-Ashar-Institution in Kairo, verurteilte die »abscheuliche« Attacke. Derlei Angriffe führten zur Verbreitung von »Entzweiung, Hass und Rassismus« und schafften den Nährboden für »Terrorismus und Extremismus«. Auch die ägyptische Regierung und das Nachbarland Jordanien zeigten sich entsetzt.

In den Niederlanden trafen vier der größten Moscheen neue Sicherheitsvorkehrungen und entschieden, ab sofort während der Gebete die Türen zu schließen. Dazu seien sie gezwungen, erklärten die Blaue Moschee in Amsterdam sowie Gotteshäuser in Den Haag, Rotterdam und Utrecht. In der Blauen Moschee wurden zusätzliche Kameras installiert. Der niederländische Moscheenrat erklärte, eigentlich seien Moscheen ein jederzeit offener Ort - sie müssten sich aber vor »Terrorangriffen« schützen.

Nationalistische und islamfeindliche Organisationen in Québec distanzierten sich von dem Anschlag. »Gewalt ist für uns keine Lösung«, erklärten die Gruppierung Fédération des Québécois de souche und die Organisation Atalante Québec. Auch die islamfeindliche Vereinigung La Meute verurteilte am Montag »jegliche Gewaltanwendung«. Die rechten Gruppen hatten zuvor Trudeaus Einwanderungspolitik immer wieder kritisiert. Agenturen/nd

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