Man müsste schon bescheuert sein

Handballtrainer Petkovic erklärt, warum er die Füchse übernahm und was er erreichen will

  • Lesedauer: 4 Min.

Im Moment laufen die Gruppenspiele im EHF-Pokal. Sie können gerade bei diesem Wettbewerb durch die Siege 2011 und 2012 mit Frisch Auf Göppingen auf viel Erfahrung bauen. Welche Chancen sehen Sie für die Füchse-Handballer?

Wir hatten mit den Slowenen aus Ribnica und haben mit den Dänen aus Gundem sowie den Franzosen von Saint-Raphaël Var wirklich starke Gegner. Nach den zwei Monaten in Berlin schätze ich die Füchse aber als stark genug ein, um das Viertelfinale zu erreichen. Was danach kommt, werden wir sehen. Mein Ehrgeiz ist es, das Final Four zu erreichen.

Haben Sie sich in Berlin schon eingelebt?

Meine beiden Söhne leben mit ihren Familien schon seit zehn Jahren in Berlin. Dadurch war mir die Stadt nicht fremd. Ich wohne jetzt mit meiner Frau in Prenzlauer Berg. Leider muss ich in zwei Monaten noch einmal umziehen, weil unsere jetzige, schöne Wohnung ab diesem Zeitpunkt schon vergeben war.

Sie konnten durch die Weltmeisterschaft nur mit einem kleinen Teil der Spieler trainieren. Wie gut sind Ihre Männer auf die weiteren Spiele vorbereitet?

Wir hatten Füchse-Spieler in sechs Nationalmannschaften, die bei dem Turnier dabei waren. Trotzdem haben wir nach der WM neben einer Erholungsphase intensiv gearbeitet. Ich denke, wir gehen gut vorbereitet in die weitere Saison.

Bis Dezember war Erlingur Richardsson als Füchse-Trainer im Amt. Was werden Sie an der Spielweise der Berliner Handballer verändern?

Ich will versuchen, dass die Mannschaft in ihrer Spielweise souveräner auftritt und weniger Schwankungen unterliegt. Dazu will ich für Stabilität bei den EHF-Gruppenspielen sorgen.

Sehen Sie reale Chancen, Spiele gegen Flensburg, Kiel oder die Rhein-Neckar-Löwen zu gewinnen?

Ich bin von Natur aus Optimist. Wir sind von den drei Teams nicht so weit weg. Flensburg-Handewitt spielt in Deutschland den besten Handball. Die Jungs hatten wir am Rande einer Niederlage. Ich denke schon, dass wir uns auch gegen die starken Drei durchsetzen können.

Sie trainieren im Sportforum. Hier hat der SC Berlin 1990 als DDR-Meister zum letzten Mal einen Titel nach Berlin geholt. Wann könnte es wieder soweit sein?

Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Wenn wir in den Kreis der drei Ersten eindringen, hängt vieles an Kleinigkeiten. Da kommt es auf die internationalen Wettbewerbe und auf den Spielplan an. Mit ein oder zwei Änderungen im Kader können wir ganz vorn mitspielen.

Welche Änderungen wären das?

Das bleibt mein Geheimnis.

Was bewog Sie, als Trainer vom malerischen Eisenach ins hektische Berlin umzuziehen?

Wenn man als Trainer in der zweiten Liga ein Angebot von den Füchsen Berlin bekommt, müsste man schon bescheuert sein, die Offerte nicht anzunehmen. Ich will etwas leisten und da sind die Füchse genau die richtige Herausforderung.

Bei der Bundesliga wird immer von der stärksten Liga der Welt gesprochen. Sehen Sie die Liga auch so?

Ich habe ja schon in Göppingen alle europäischen Spitzenmannschaften kennen gelernt. Die Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt. Der Sechste oder Siebente in dieser Tabelle kann in anderen Ländern durchaus Meister werden.

Weltmeister ist nicht Deutschland sondern Frankreich. Wie passt das zusammen?

Ich sehe auch Deutschland wieder als Weltmeister. Wir haben hier einige gute junge Spieler, um nur unsere Füchse zu nennen, wie Paul Drux, Fabian Wiede oder Christoph Reißky, die viel können, sich als Führungsspieler noch entwickeln müssen: Aber das wird!

Norwegen kam mit einer Wildcard zur WM und zog ins Finale ein. Hat Sie das überrascht?

Für mich war das keine Überraschung. In Norwegen wird gut gearbeitet. Viele Norweger spielen in den europäischen Ligen. Allein in der Bundesliga mischen fünf oder sechs Norweger mit. Das macht natürlich auch deren Nationalteam stark.

Füchse-Manager Bob Hanning hat gesagt, bezogen auf ihre Spielweise haben die Füchse sogar zu viele Punkte. Sehen Sie das auch so?

Bob bezieht das auf die Leistungsschwankungen. Manchmal stehen wir mitten im Spiel vor einem schwarzen Loch. Dieses Loch müssen wir verkleinern.

Wie beurteilen Sie die Nachwuchsarbeit der Füchse und wann zahlt sich diese aus?

Sie hat sich schon ausgezahlt, wenn man sich unsere Tafel ansieht, wie viele Jungs den Sprung vom Füchse-Nachwuchs zu den Profis geschafft haben. Alle Achtung.

Sie haben die Jugendabteilung der Füchse genau unter die Lupe genommen. Wie fällt Ihr Urteil darüber aus?

Berlin kann Vorbild für viele Vereine sein. Wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung Bob Hanning die Nachwuchsabteilung führt, ziehe ich den Hut. Das ist Leidenschaft pur für den Handball.

Welche deutschen Spieler würden Sie sich noch für die Füchse wünschen?

In einer Mannschaft brauchst du zwei Führungsspieler. Drei oder vier sind für eine gute Harmonie schon zu viele. Vielleicht könnte uns ein Topkreisläufer helfen.

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