Van der Bellen fordert Solidarität mit Muslimen

Warum Österreichs Präsident mit einem Aufruf für heftigen Wirbel sorgt

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

In den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit ist der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen eher selten mit politischen Initiativen aufgefallen. Doch nun hat der 73-jährige ehemalige Grünen-Chef mit einem Spruch zu Kopftüchern erstmals für Furore gesorgt. »Bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun«, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler jüngst gegenüber Schülern etwas holprig bei einer Podiumsdiskussion.

Van der Bellens Aussage stieß auf heftige Kritik in der Öffentlichkeit. Rechtspopulisten, aber auch Frauenrechtlerinnen aus muslimischen Ländern zeigten sich empört. »Sie missbrauchen die Kraft Ihres Amtes, indem Sie das Kopftuch als ein Symbol der Freiheit darstellen«, schrieben sieben Aktivistinnen in einem offenen Brief an den Präsidenten. »Dieser Kulturrelativismus, dieser pure Sexismus, den Ihre Aussagen bedeuten, ist für uns unerträglich.« Der österreichische Volksmusiker Andreas Gabalier, von Kritikern als Nationalist bezeichnet, heizte in sozialen Netzwerken die Stimmung weiter an. Auf einem Foto zeigte er sich mit Kopftuch, »aus Solidarität unseren Frauen gegenüber«, wie er erklärte. Gleichzeitig hielt der Sänger ein Schnapsglas in der Hand. »In weiser Voraussicht auf das noch folgende Alkoholverbot aus Solidarität jenen Religionen gegenüber, in denen man keinen Alkohol trinkt.«

Van der Bellen versuchte, sich gegenüber dem »Standard« zu rechtfertigen: »Mir ging es, ungeachtet der missglückten Kommunikation, schlicht um Freiheitsrechte.« In der Hörsaalatmosphäre habe er Dinge gesagt, »die man sonst so nicht sagt«. Der bekennende EU-Freund und gebürtige Wiener wird vermutlich aber keinen allzu großen Schaden von der Debatte davontragen. Laut einer Umfrage geht es in der Beliebtheitsskala für den Politiker nach oben. Van der Bellen forderte die Regierung auf, ihr Programm bis zum Herbst umzusetzen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal