Duldung von Modernisierungsmaßnahmen

Mietrechtsurteile

  • Lesedauer: 4 Min.

Der Vermieter eines Wohnhauses in Berlin-Neukölln, das unter die Milieuschutzverordnung Schillerpromenade fällt, kündigte die energetische Modernisierung der Fassade durch Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems mit 8 cm starken Dämmplatten an. Den künftigen Wärmedurchgangswert (U-Wert) der Fassade nach der Modernisierung gab er mit 0,34 W/m²K an.

Eine Mieterin verweigerte die Duldung und vertrat die Auffassung, dass sie eine energetische Modernisierung, die nicht einmal den in der aktuellen Energieeinsparverordnung vorgeschriebenen Mindestwert (U-Wert) von 0,24 W/m²K erreiche, nicht dulden müsse. Die Duldung sei ihr auch deshalb nicht zuzumuten, weil für sie zu befürchten sei, dass sie zeitnah nach Durchführung der Modernisierung und Erhöhung ihrer Miete eine erneute Fassadendämmung, welche den Vorgaben der Energieeinsparverordnung entspricht, dulden müsse. Der Vermieter wies im Prozess nach, dass ihm die zuständige Baubehörde lediglich genau diese Dämmung mit 8 cm dicken Dämmplatten genehmigt habe.

Das Landgericht Berlin (Beschluss vom 30. Januar 2017, Az. 65 S 462/16) bestätigte einerseits prinzipiell die Auffassung der Mieterin, »dass die Duldungspflicht unter dem Gesichtspunkt der baulichen Folgen im weiteren Sinne nach § 555 d Abs. 2 BGB entfallen kann, wenn feststeht, dass die geplante Maßnahme gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt« (zum Beispiel auch gegen zwingende Regeln der Energieeinsparverordnung).

Ein solcher Fall sei hier jedoch nicht gegeben. Der Vermieter habe sich hier nämlich an die Auflagen der zuständigen Behörde, die diese im Rahmen der ihr übertragenen Befugnisse auf der Grundlage des öffentlichen Rechts (und unter Berücksichtigung der geltenden Milieuschutzverordnung) erlassen habe, gehalten.

Eine Prüfung, ob die Entscheidung des Bezirksamts Neukölln richtig sei, falle nicht in die Zuständigkeit der Zivilgerichte. Hinsichtlich ihrer weiteren Bedenken müsse sich die Mieterin auch »entgegenhalten lassen, dass eine einmal geduldete Modernisierung keinen in die Zukunft reichenden ›Schutz‹ vor weitergehenden Modernisierungsmaßnahmen gewährt«.

Kündigung wegen Nichtbeheizung der Wohnung

Das Nichtbeheizen der Wohnung bei anhaltend niedrigen Temperaturen durch den Mieter kann im Ansatz einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung wegen Gefährdung der Mietsache durch Vernachlässigung oder wegen Störung des Hausfriedens darstellen. Dabei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Grundsätzlich trifft den Mieter aber keine Pflicht, seine Mietwohnung zu nutzen, noch besteht für ihn generell Heizpflicht.

Der Vermieter hatte der Mieterin im März 2016 nach einer Abmahnung fristlos und ordentlich gekündigt, weil sie ihre Wohnung nicht oder nicht ausreichend beheizt habe. Obwohl kein (einfrierende Leitungen) eingetreten war, sah der Vermieter in der seiner Auffassung nach unzureichenden Beheizung eine Störung des Hausfriedens und damit einen Kündigungsgrund. Nachbarn der Mieterin hatten sich darüber beschwert, dass sie sich in ihren eigenen Wohnungen unwohl fühlten und höhere Heizkosten befürchteten.

Die Mieterin legte im Prozess Temperaturprotokolle eines Wetterinternetportals vor. Danach gab es in Berlin-Tempelhof nur am 3. Januar 2016 einen isolierten Kaltlufteinbruch und vom 17. bis 22. Januar 2016 eine Witterungsperiode mit strengem Luftfrost.

Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 21. Dezember 2016, Az. 65 S 422/16) legte diese Protokolle dem Tatbestand seines Urteils zugrunde. Es schloss für den Zeitraum nach Zugang der Abmahnung die konkrete Gefahr eines Schadenseintritts durch einfrierende Rohrleitungen, die zu einer Kündigung hätten berechtigen können, aus und wies die Räumungsklage ab.

Auch die Berufung des Vermieters hatte keinen Erfolg, das Landgericht Berlin bestätigte im Ergebnis die Entscheidung des Amtsgerichts. Es bestehe keine generelle Heizpflicht des Mieters und auch keine Verpflichtung, die Wohnung zu nutzen. Allerdings könne bei entsprechend rücksichtslosem Verhalten die generelle Nichtbeheizung einer Wohnung durch einen Mieter durchaus eine zur Kündigung berechtigende Störung des Hausfriedens darstellen.

Diese Voraussetzungen lagen jedoch hier nach Überzeugung des Landgerichts nicht vor. Die eigene Ablesung des Vermieter im Februar und im März 2016 zeigte nämlich, dass die Mieterin in der Zeit nach der Abmahnung durchaus ihre Wohnung geheizt hatte. Zudem hätten die Temperaturen ausweislich der von der Mieterin vorgelegten Temperaturprotokolle im maßgeblichen Zeitraum ganz überwiegend über 0 Grad gelegen.

Anmerkung: Bei längerer Abwesenheit während der Heizperiode sollte unbedingt sichergestellt werden, dass die Wohnung - je nach Außentemperatur - ausreichend beheizt wird. Das Landgericht Berlin hat in seinem Urteil insoweit klargestellt, dass ein Vertragsverstoß nicht erst dann vorliegt, wenn tatsächlich Schäden am Gebäude eintreten oder drohen. Vielmehr verhalte sich ein Mieter, der seine Wohnung im Winter wochenlang gar nicht heizt, »rücksichtslos gegenüber den Mietern der umliegenden Wohnungen, die unstreitig einen erhöhten Heizaufwand haben«. Eine solche Störung des Hausfriedens könne im Einzelfall - hier glücklicherweise nicht - eine Kündigung begründen. MieterEcho, 4/2017

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