Sturz des FBI-Chefs setzt Trump unter Druck

US-Senatoren dringen nach Entlassung auf das Einsetzen eines Sonderermittlers / Geheimdienstausschuss verlangt von Flynn Dokumente zu Russland-Kontakten

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Washington. Nach dem Rauswurf von FBI-Chef James Comey löst die Weigerung des Weißen Hauses, einen Sonderermittler zur Aufklärung der Russland-Affäre einzusetzen, im US-Kongress zusätzliche Verärgerung aus. Die Opposition fürchtet, dass nach Comeys Entlassung die Unabhängigkeit der Untersuchungen gefährdet ist. Comey selbst erklärte in einem Abschiedsbrief an die FBI-Angestellten, ihm sei bewusst gewesen, »dass ein Präsident einen FBI-Direktor aus jedem Grund oder völlig grundlos feuern kann«.

»Ich werde keine Zeit mit der Entscheidung oder der Art und Weise, wie sie übermittelt wurde, verbringen. Ich hoffe, Ihr auch nicht«, schrieb Comey laut CNN am Mittwoch in einem Abschiedsbrief an seine Kollegen. Es sei nunmal geschehen. In turbulenten Zeiten sollten die US-Bürger das FBI »als Fels der Kompetenz, Ehrlichkeit und Unabhängigkeit betrachten«, erklärte er weiter.

Comey hatte vor seinem Rauswurf durch US-Präsident Donald Trump die Ermittlungen zu möglichen illegalen Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und der russischen Regierung geleitet. Bislang werden die Ermittlungen zu den mutmaßlichen russischen Hackerangriffen auf das Umfeld der Trump-Rivalin Hillary Clinton und der möglichen Verwicklung von Trump-Mitarbeitern vom FBI geführt. Der Geheimdienstausschuss des Senats lud Comey ein, sich am kommenden Dienstag hinter verschlossenen Türen zu äußern.

Bereits am Donnerstag soll der neu eingesetzte stellvertretende FBI-Direktor Andrew McCabe öffentlich vor dem Geheimdienstausschuss aussagen - einem von drei Senatsausschüssen, die sich mit der Russland-Affäre befassen.

Der Geheimdienstausschuss verschärfte auch den Ton in den Ermittlungen zu den Russland-Kontakten des ehemaligen US-Sicherheitsberaters Michael Flynn. In einer Vorladung forderte er Flynn auf, ihm Dokumente auszuhändigen, nachdem er sich Ende April geweigert habe, zu kooperieren. Die Anweisung betreffe Dokumente, »die für die Ermittlungen des Ausschusses über eine mögliche russische Einflussnahme auf die Wahl 2016 relevant« seien.

Flynn war nur dreieinhalb Wochen nach dem Amtsantritt der Trump-Regierung zurückgetreten, weil er über seine Telefonate mit dem russischen Botschafter die Unwahrheit gesagt hatte. Seine bis 2005 zurückreichenden Kontakte mit Russland werden derzeit vom Kongress, von der US-Bundespolizei FBI und vom Verteidigungsministerium untersucht.

Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Richard Burr, sagte vor Journalisten, seiner Ansicht nach sei kein Sonderermittler notwendig, auch wenn der Zeitpunkt und die Begründung für die Entlassung Comeys für ihn »keinen Sinn ergeben«. Die Untersuchung nehme ihren Lauf und er hoffe, dass beide Parteien daran teilnähmen.

Der Oppositionschef im Senat, Chuck Schumer, zeigte sich mit dieser Entscheidung unzufrieden. Als Zeichen des Protests gab er grünes Licht für eine Regelung, nach der Ausschussanhörungen nach Mittag unzulässig sind.

Die Demokraten vermuten als Motiv hinter der völlig überraschenden Entlassung des FBI-Direktors, dass der Präsident in der Russland-Affäre etwas vertuschen wolle. Schumer warf die Frage auf: »Sind die Ermittlungen zu nahe an den Präsidenten herangerückt?« Senator Richard Blumenthal sprach von einer »sich anbahnenden Verfassungskrise«.

Die Demokraten fürchten, dass unter einem neuen FBI-Chef von Trumps Gnaden die Ermittlungen zur Russland-Affäre nicht mehr mit dem notwendigen Nachdruck geführt werden.

Ein Sonderermittler, der mit einem hohen Maß an Autonomie agieren kann, müsste vom Justizministerium ernannt werden. Das Ministerium äußerte sich zunächst nicht zur Forderung der Opposition. Präsidentensprecherin Sarah Huckabee Sanders machte jedoch bereits deutlich, dass das Weiße Haus nichts von einem Sonderermittler hält: »Wir denken nicht, dass dies notwendig ist«, sagte sie.

In der offiziellen Begründung für die Entlassung Comeys ist von der Russland-Affäre nicht die Rede. Stattdessen kritisierte die Regierung den Umgang des FBI-Chefs mit der E-Mail-Affäre der ehemaligen Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Agenturen/nd

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