Das subjektive Objektiv

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 1 Min.

Das Zitat von Paul Watzlawick, das diesem Bildband vorangestellt ist, trifft den Kern dessen, worum es Peter Braunholz in seinen Arbeiten bestellt ist: »Der Glaube, es gebe nur eine Wirklichkeit, ist die gefährlichste Selbsttäuschung.« Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass ausgerechnet die vermeintlich realistische unter den Künsten, nämlich die Fotografie, uns verborgene Facetten desjenigen offenbaren soll, was nun einmal da ist. Nicht umsonst heißt das Auge der Kamera schließlich Objektiv. Durch die systematische Wahl seiner Motive, die Fokussierung auf nur scheinbar unbedeutende Details und die vollständige Abwesenheit von Menschen auf seinen Bildern gelingt es Braunholz jedoch, den Blick solange zu schärfen, bis er sich durch die Oberflächen der abgebildeten Orte und Landschaften schneidet. Nicht nur die nebenstehende Fotografie aus der Serie »Topophilia« wirkt in ihrer lichten Präzision, als wäre alles Leben zwar nicht verschwunden, aber urplötzlich eingefroren und mit einer dünnen Schicht aus Zellophan überzogen worden. Durch den geschulten Sinn für architektonische, aber auch natürliche Strukturen, durch die Konzentration auf spiegelnde Flächen und wiederkehrende Formen gelingt es dem Fotografen aus Frankfurt am Main, Konkretes auf erhellende Weise zu abstrahieren. Martin Hatzius

Peter Braunholz: Fotografische Wirklichkeiten. Kehrer Verlag, 140 S., geb., 39,90 €.

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