Werbung

Superdiplomatin

Personalie

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Ist es politische Ignoranz oder Verwegenheit, eine Frau für die Mitwirkung an einem Abkommen auszuzeichnen, die schon kraft ihres Amtes allenfalls Atmosphärisches zu den Verhandlungen beitragen konnte? Oder wollte man den Vertrag würdigen, wagte aber nicht, einen der tatsächlichen Strippenzieher zu ehren?

Wie dem auch sei: Federica Mogherini, die hier in Rede stehende EU-Außenbeauftragte, wird am heutigen Mittwoch in der hessischen EU-Vertretung in Brüssel mit dem Hessischen Friedenspreis ausgezeichnet - unter Verweis auf ihren nach Ansicht der Laudatoren »entscheidenden Anteil am Zustandekommen der Atomvereinbarung« der Großmächte mit der Islamischen Republik Iran.

Die 44-jährige Italienerin war die mit Abstand Jüngste in der ansonsten aus Herren bestehenden Runde, die geschlagene 15 Jahre darüber feilschte, wie Iran eine friedliche Nutzung des Atoms erlaubt und gleichzeitig die Produktion von Kernwaffen ausgeschlossen wird. Am 15. Juli 2015 wurde das Werk besiegelt. Nur die letzten acht Monate war Mogherini dabei, denn sie war erst zu November zur EU-Außenkommissarin berufen worden. Zuvor war sie italienische Außenministerin, aber auch das nur acht Monate. Bei der traditionell schnellen Aufeinanderfolge italienischer Kabinette ist ihr in dieser Zeit immerhin der Absprung auf einen längerfristigen Posten gelungen.

Ob sie von den Polit-Dinosauriern wie Laurent Fabius (Frankreich) oder John Kerry (USA) in informelle Kungelrunden einbezogen wurde, ist nicht öffentlich überliefert. Dazu sind ja alle auch zuerst Superdiplomaten, die sich schwer hüten werden, über besondere Vertrauensverhältnisse zu plaudern. Mit dem Russen Sergej Lawrow hätte sie dabei auch über ihre gemeinsame Vergangenheit im jeweiligen kommunistischen Jugendverband plaudern können. Oder hat sie sich gar mit dem iranischen Gegenpart ausgetauscht? Immerhin hat sie in ihrer Studienzeit an der Universität La Sapienza in Rom eine Arbeit über das Verhältnis zwischen Politik und Religion im Islam verfasst.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.