Opposition verlangt Bundestagssitzung zu »Auto-Kartell«

Nach Grünen spricht sich auch Linksfraktion für rasche Zusammenkunft des Verkehrausschusses aus / Oberster Verbraucherschützer erwartet Klagen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Grünen und die Linksfraktion im Bundestag fordern eine rasche Sondersitzung des Verkehrsausschusses wegen des Kartellverdachts gegen deutsche Autobauer. Das sagte Herbert Behrens (LINKE), Verkehrsexperte und Ex-Chef des Untersuchungsausschusses zum VW-Abgas-Skandal, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. »Der Verkehrsminister muss erklären, was er im Zusammenhang mit den ungeheuerlichen Vorwürfen gegen die führenden deutschen Automobilhersteller zu tun gedenkt«, erklärte Behrens die Initiative.

Lesen Sie auch: Kleiner Tank, große Wirkung – Warum die deutschen Autobauer die eigene Abgasreinigungstechnologie austricksen

Aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Parlament habe er erfahren, dass es viele Treffen zwischen Vertretern aus Ministerien und Konzernen gegeben habe. »Will Dobrindt wieder behaupten, ahnungslos zu sein, wie beim Thema Abschalteinrichtungen?«, fragte Behrens mit Blick auf den Bundesverkehrsminister. Am Wochenende hatten bereits die Grünen ein außerordentliches Treffen des Ausschusses gefordert. Das Gremium müsse noch vor dem »Nationalen Forum Diesel« (2. August) informiert werden, sagte Verkehrsexperte Oliver Krischer.

Der »Spiegel« hatte zuvor über ein womöglich seit vielen Jahren bestehendes Kartell berichtet, in dem sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen. Zu dem allgemeinen Vorwurf schweigen die Konzerne bisher. Bei VW fordert der Betriebsrat eine Sondersitzung des Aufsichtsrats.

Oberster Verbraucherschützer erwartet Klagen

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller rechnet wegen des möglichen Auto-Kartells mit einer Klagewelle. Er geht von Zehntausenden Verfahren aus, in denen Autokäufer Schadenersatz für überteuerte Fahrzeuge verlangen könnten. Wegen der im Raum stehenden Absprachen der Hersteller hätten viele Kunden einen »möglicherweise viel zu hohen Preis« für ihre Fahrzeuge gezahlt, sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) der »Süddeutschen Zeitung« (Montag).

Er wies auf die angeblichen Selbstanzeigen von Daimler und Volkswagen bei den Wettbewerbsbehörden hin, über die der »Spiegel« erstmals berichtet hatte. Darin sollen die beiden Konzerne schildern, wie sich Automanager von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler jahrelang in geheimen Zirkeln über ihre Fahrzeuge, Kosten, Zulieferer und auch den Umgang mit dem Thema Diesel-Abgase abgesprochen haben. EU-Kommission und Bundeskartellamt prüfen, ob die Autohersteller gegen das Kartellverbot verstoßen haben. Es drohen Milliardenstrafen. Die Branche, deren Vertreter zu den Vorwürfen bislang schweigen, steht bereits wegen der Abgasaffäre unter Druck. Die Verbraucherzentrale dringt nun darauf, per Gesetz eine Musterklage möglich zu machen, damit mutmaßlich betrogene Kunden nicht einzeln vor Gericht gehen müssen, sondern sich zusammentun können.

Das gehöre zu den ersten Aufgaben der künftigen Regierung nach der Bundestagswahl im September, sagte Müller. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatten am Wochenende gefordert, die Vorwürfe schnell aufzuklären. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal