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USA ziehen Personal aus Kuba ab

Mysteriöse Attacken auf Botschaftsmitarbeiter wachsen sich zu Belastungsprobe aus

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.

Kehrt die Eiszeit zwischen den USA und Kuba zurück? Einiges deutet darauf hin. Am Freitag kündigte das US-Außenministerium den Abzug von mehr als der Hälfte seines Botschaftspersonals aus Kuba an und sprach eine Reisewarnung für die Karibikinsel aus. Zudem wird die Visavergabe in Havanna auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Bis auf Weiteres werden auch keine offiziellen US-Delegationen mehr nach Kuba reisen. Die diplomatischen Beziehungen werden jedoch nicht abgebrochen; auch zeigte sich die US-Regierung weiterhin zu Treffen mit kubanischen Vertretern bereit - allerdings auf US-Territorium.

»Bis die kubanische Regierung nicht Garantien für die Sicherheit des diplomatischen Personals anbietet, bleibt das Personal auf das Nötigste beschränkt, um US-Bürgern Basisdienste und den Geschäftsverkehr der Botschaft zu gewährleisten«, erklärte ein hoher Beamter des US-Außenministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur AP.

Grund für die drastischen Maßnahmen sind mutmaßliche »akustische Attacken« auf US-Botschaftspersonal in Kuba. Bei mindestens 21 US-amerikanischen Diplomaten waren in den vergangenen Monaten Kopfschmerzen, Übelkeit, Gedächtnislücken, Taubheitssymptome bis hin zum Verlust der Hörkraft aufgetreten. Die genaue Ursache ist unklar.

»Die Entscheidung, unsere diplomatische Präsenz in Havanna zu reduzieren, wurde getroffen, um die Sicherheit unseres Personals sicher zu stellen«, sagte US-Außenminister Rex Tillerson in einem Statement. »Wir behalten die diplomatischen Beziehungen mit Kuba bei, und unsere Arbeit in Kuba wird weiterhin von nationalen Sicherheits- und außenpolitischen Interessen der USA geleitet sein.« Gleichzeitig erklärte das State Departement, das Kuba nicht gezwungen werde, seinerseits sein diplomatisches Personal in Washington zu reduzieren; eine Entscheidung, die sofort von Senator Marco Rubio, einem Republikaner aus Florida und Gegner von Obamas Annäherungspolitik, kritisiert wurde.

Die mysteriösen Attacken ereigneten sich nicht in der US-Botschaft in Havanna, sondern in Botschaftsresidenzen. In mindestens einem Fall soll das Hotel Capri in Havannas Stadtteil Vedado Schauplatz gewesen sein. Dies wiederum dient der US-Regierung als Vorwand für die ausgesprochene Reisewarnung. US-Touristen waren bisher nicht von den »akustischen Angriffen« betroffen.

Auch glaubt die US-Regierung nicht, dass die kubanische Regierung in die Vorfälle verwickelt ist; macht Havanna als Gastgeberland aber für das Wohlbefinden und die Sicherheit seiner Diplomaten verantwortlich. Die kubanische Regierung weist jede Schuld zurück und kooperiert bei den Untersuchungen. Selbst FBI-Ermittler waren ins Land gelassen worden, um vor Ort zu ermitteln, ein Zeichen, dass auch Kubas Regierung beunruhigt ist über die Vorfälle. Aber selbst die US-Ermittler haben bisher keine vernünftige Erklärung liefern können.

Der angekündigte Abzug des US-Botschaftspersonals erfolgt drei Tage nach einem Treffen der Außenminister beider Staaten, Rex Tillerson und Bruno Rodríguez, in Washington, das offenbar nicht sehr gut verlaufen ist. Laut einem Kommuniqué des US-Außenamts, übermittelte Tillerson »den Ernst der Situation und unterstrich die Verpflichtung der kubanischen Behörden, das Botschaftspersonal und deren Familien zu schützen.« Rodríguez sprach sich gegen »die Politisierung« der Vorfälle aus. Ohne Erfolg.

Kubas Regierung glaubt, dass die Maßnahmen »voreilig« getroffen wurden. Das sagte die für Nordamerika zuständige Direktorin im Außenministerium Josefina Vidal in Havanna. »Wir erachten die von der US-Regierung verkündete Entscheidung als übereilt und nachteilig für die bilateralen Beziehungen.« Zugleich bekräftigte sie die Bereitschaft Kubas, die aktive Kooperation zwischen beiden Ländern bei der Aufklärung der Vorfälle fortzusetzen.

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