Eine Weiche, aber zwei Züge

Führungswechsel in der sächsischen LINKEN: Personalvorschlag des scheidenden Vorsitzenden stößt teilweise auf Skepsis

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Es wäre ein bekanntes Muster. Als Rico Gebhardt im Herbst 2009 als Landesvorsitzender der LINKEN in Sachsen kandidierte, konnte er sich auf intime Kenntnisse des Innenlebens der Partei berufen. Der Erzgebirger war bis dahin neun Jahre lang deren Landesgeschäftsführer gewesen. Nun tritt er ab - und hat einen Wechsel nach gleichem Schema vorgeschlagen: Mit Antje Feiks soll ihn die Frau als Landesvorsitzende beerben, die ihm vor acht Jahren auch als Geschäftsführerin der Partei gefolgt war. In ihrer Person verbänden sich »Kontinuität in der politisch-organisatorischen Arbeit und Kenntnis der Landespartei« mit Ideen zu deren Erneuerung, hieß es in einer Erklärung des scheidenden Chefs zur »personellen Weichenstellung«. Kurioses Detail: Formal ist Feiks ebenfalls Erzgebirgerin. Vor zwei Jahren wechselte die 1979 in Riesa geborene und in Dresden aufgewachsene Politikerin in den dortigen Kreisverband und kandidierte als Landrätin, wenngleich ohne Erfolg.

Gebhardt begründet den Rückzug mit der Satzung, die Amtszeiten auf acht Jahre begrenzt. Der 54-Jährige will sich künftig allein auf die im August 2012 übernommene Führung der Fraktion im Landtag konzentrieren. Dass beide Posten in Personalunion besetzt würden, sei in der LINKEN und der PDS in Sachsen die Ausnahme. Feiks erklärte ebenfalls mit Hinweis auf die Satzung, dass sie auf einem Parteitag am 4./5. November in Chemnitz nicht erneut als Geschäftsführerin kandidiere. Für das neue Amt stehe sie indes parat, wenn die Partei »bereit ist, sich mit mir (...) auf diesen Weg zu begeben«.

Ob dem so ist, gilt derzeit freilich nicht als sicher. Zumindest Teile der Partei signalisieren Skepsis und Ablehnung. Zwar will kein Befragter direkt zitiert werden. Etliche namhafte Genossen nehmen aber Anstoß bereits am Verfahren. Gebhardt hatte zwar von einem »Wunsch« gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand ist aber von »feudaler Nachfolgepolitik« und »Postentausch« die Rede, was der momentanen Lage der Landespartei nicht gerecht werde.

Die sieht sich einer erdrückenden rechtskonservativen Mehrheit gegenüber: Bei der Bundestagswahl kamen AfD und CDU im Freistaat in Summe auf 53,9 Prozent, die LINKE nur noch auf 16,1 Prozent. Eine inhaltliche und personelle Neuaufstellung sei geboten, sagt ein Abgeordneter, der indes bezweifelt, ob Feiks dafür die richtige Person sei: »Wir müssen uns überlegen, in welcher Liga wir spielen wollen.« Feiks habe als Geschäftsführerin einen »soliden Job« erledigt, ihr fehle aber bisher das »Format« als Landespolitikerin, heißt es an anderer Stelle. Wenn man mittelfristig und mit Blick auf die bereits 2019 anstehende Landtagswahl wieder zur »Alternative zur CDU« werden wolle, sei eine andere Aufstellung nötig.

Szenarien dazu werden diskutiert. Eine zeitweilig erwogene Doppelspitze, zu der die Chemnitzerin Susanne Schaper hätte gehören können, ist indes vom Tisch; die profilierte Sozialpolitikerin erklärte unter Verweis auf Ausschussvorsitz im Landtag und ihre drei Kinder, dass ihr eine Kandidatur »im Moment nicht möglich« sei.

Genannt wird als mögliche Nachfolgerin für Gebhardt zudem die Bundestagsabgeordnete Caren Lay, die in Ostsachsen verankert ist. Zwar stößt auch sie nicht auf ungeteilte Zustimmung. Lays »Lebensmittelpunkt« sei in Berlin, sagt eine Abgeordnete: »Wie will sie von dort aus die Landespartei führen?« Andere verweisen indes auf ihr Profil etwa in der Wohnungspolitik oder fleißige Arbeit in einem Untersuchungsausschuss. »Sie kann inhaltlich arbeiten«, heißt es. Rückhalt kommt auch von Parteilinken, die gestehen, Lays emanzipatorischen Politikansatz nicht unbedingt zu teilen.

Ob die Abgeordnete ihren Hut tatsächlich in den Ring wirft, ist offen; für Nachfragen ist sie urlaubsbedingt nicht zu erreichen. Mit Konkurrenz muss Feiks aber wohl in jedem Fall rechnen. »Da fahren zwei Züge aufeinander zu«, sagt ein einflussreicher Genosse. Wie stark sie jeweils besetzt sind, könnte sich bei drei Regionalkonferenzen in der zweiten Monatshälfte abzeichnen. Feiks hat bereits angekündigt, mit der Basis »über meine und, noch wichtiger, ihre Vorstellungen reden« zu wollen - bevor die Weichen neu gestellt werden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.