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Rehabilitierter
Wie die AfD in Baden-Württemberg Wolfgang Gedeon eine Brücke zur Rückkehr baut
Während noch darüber diskutiert wird, was von einem Miniatur-Holocaust-Mahnmal in Björn Höckes Nachbarschaft zu halten ist, zeigt die AfD mit einem anderen Fall, wie tief die Rechtsaußenpartei im Sumpf des Antisemitismus steckt und nicht Willens ist, klare Position zu beziehen. Wer erinnert sich an Wolfgang Gedeon? Vor über einem Jahr geriet der 70-jährige Landtagsabgeordnete aus Baden-Württemberg in die Schlagzeilen, weil er Bücher verfasst hatte, in denen Sätze stehen wie: »Der Amerikanismus«, sei ein »politischer Glaube, (...) nicht mehr der christliche Glaube vom jenseitigen Gottesreich, es ist der alte jüdische Glaube vom neuen irdischen Jerusalem«. Laut »Zeit« bezeichnet Gedeon Juden als »Gastvolk« in »Wirtsvölkern«.
Politologen wie Armin Pfahl-Traughber attestierten, Gedeon sei »Anhänger von antisemitischen Verschwörungsauffassungen«. Es sah kurz so aus, als würde die AfD noch die Kurve bekommen: Nach zähen Debatten, nebst einer zwischenzeitlichen Spaltung der Stuttgarter Fraktion, wurde Gedeon aus ihren Reihen ausgeschlossen und ein Parteiausschlussverfahren angestrengt. Inzwischen deutet sich jedoch immer stärker seine Rehabilitierung an: Diese Woche beschloss die AfD-Fraktion laut »Südwest Presse«, ihre Arbeitskreise auch für Nicht-Mitglieder der Fraktion zu öffnen. Sicher dürfte sein, dass dieses Angebot wohl kaum an Vertreter anderer Partei adressiert ist. Viel eher soll mit dem Beschluss Gedeon eine Brücke zurück in den Schoß der Rechtsaußenpartei gebaut werden. Abgeordnete, wie Stefan Räpple, sprechen offen den Wunsch aus, Gedeon soll doch bald zurückkehren.
Völlig isoliert war der studierte Arzt nie. Fleißig schreibt er Anträge für den Bundesparteitag nächste Woche in Hannover. Eine »Resolution« widmet sich der deutsch-israelischen Politik, eine zweite der »Antisemitismus-Diskussion in der AfD«. Gedeon kann darin etwa nicht verstehen, warum es antisemitisch ist, den jüdischen Glauben des Milliardärs George Soros in einem Atemzug mit dessen angeblichen »dubiosen Machenschaften« zu nennen.
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