Der Dienstälteste geht

Sachsens Ministerpräsident Tillich (CDU) leitete am Dienstag seine letzte Kabinettssitzung

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Dresden. Der Machtwechsel in Sachsen ist formal auf den Weg gebracht. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) erklärte am Dienstag seinen bereits im Oktober angekündigten Rücktritt. Ein entsprechendes Schreiben ging am Vormittag bei Landtagspräsident Matthias Rößler ein, wie ein Sprecher sagte.

Die Amtszeit des dienstältesten Landesregierungschefs endete am Dienstag um 24 Uhr. Seinen Ministern überreichte Tillich am Vormittag im Anschluss an die letzte Kabinettssitzung einen sogenannten Feststellungsbescheid. Damit bleibt Sachsens derzeitige CDU/SPD-Regierung bis zur Vereidigung einer neuen geschäftsführend im Amt.

Tillichs designierter Nachfolger Michael Kretschmer (CDU) soll am Mittwoch im Landtag zum neuen Regierungschef gewählt werden. Der Koalitionspartner SPD hat Zustimmung angekündigt. Am Samstag war Kretschmer auf einem Parteitag der Union in Löbau zum sächsischen CDU-Vorsitzenden gekürt worden. Tillich war neuneinhalb Jahre im Amt. Nach dem desaströsen Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl in Sachsen hatte er seinen Rücktritt und einen Generationswechsel in Partei und Regierung angekündigt.

Zu Wochenbeginn hatte die schwarz-rote Koalition in Dresden Einigkeit demonstriert. Der Koalitionsausschussverständigte sich am Montag in nur einstündiger Sitzung auf eine Absichtserklärung zur künftigen Arbeit, die die Grundlage für ein 100-Tage-Programm des neuen Regierungschefs bilden soll, wie beide Seiten im Anschluss mitteilten. Neben Bildung, Sicherheit und Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene umfasst das Papier auch die Punkte Infrastruktur und politische Bildung.

Es solle deutlich werden, dass die Regierung unter seiner Führung »mit einem neuen Antritt« in die verbleibende Zeit bis zur Landtagswahl 2019 gehe, sagte Kretschmer. Das 100-Tage-Programm will er im Januar vorstellen.

SPD-Chef und Wirtschaftsminister Martin Dulig betonte die gemeinsame Problemsicht. »Die Probleme liegen nicht zwischen uns, sondern vor uns.« Der Koalitionsvertrag von 2014 habe weiter Bestand. »Deshalb ist das jetzt eine Weiterentwicklung.« Sie würden den SPD-Abgeordneten empfehlen, am Mittwoch bei der Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag für Kretschmer zu stimmen, sagten Dulig und SPD-Fraktionschef Dirk Panter.

Die Absichtserklärung nimmt den bereits von der CDU-Fraktion beschlossenen Auftrag an die Staatsregierung auf, weitere Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs zu prüfen - allerdings ohne eine Verbeamtung der Lehrer zu erwähnen. Außerdem wird eine Stärkung der frühkindlichen Bildung angestrebt. Bei der Inneren Sicherheit geht es um mehr »sichtbare Sicherheit«, ein Polizeigesetz, das neben der Prüfung einer Ausweitung der Videoüberwachung auch die Einführung der elektronischen Fußfessel vorsieht, sowie die mögliche Verlängerung des Wachpolizeigesetzes.

Den sächsischen Kommunen soll künftig mehr Gestaltungsspielraum eingeräumt werden. »Wir wollen den Schulterschluss mit der kommunalen Ebene«, sagte Kretschmer. Niemand solle alleingelassen werden, auch nicht beim Breitbandausbau, versprach Dulig. Alle Kommunen sollten in die Lage versetzt werden, in diese Zukunftstechnologie zu investieren.

Die LINKE kritisierte, dass die schwarz-rote Absichtserklärung »unverbindlich und ohne neuen Plan« sei. Es dränge sich der Eindruck auf, dass der SPD-Fraktion »eine rhetorische Brücke« gebaut wurde, sagte LINKEN-Fraktionschef Rico Gebhardt. »Damit die SPD-Abgeordneten am Mittwoch den Weg zum ›Ja‹ zu Kretschmer finden, ohne dass der designierte CDU-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten irgendwelche Zugeständnisse machen muss, mit denen er womöglich seine eigenen Leute verärgern könnte.«

Tillich will nach dem Rückzug von seinen Ämtern erst einmal eine Pause einlegen und später wieder aktiv werden. »Auf jeden Fall habe ich nicht vor, auf dem Balkon Vögel zu zählen«, sagte er der dpa. »Zunächst will ich eine Auszeit nehmen, um meine Gedanken ein bisschen zu ordnen. Danach sehen wir weiter.« Er wolle auch künftig dazu beitragen, dass es mit den gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen und Tschechien weitergehe. dpa/nd

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