• Berlin
  • Wohnungslose in Berlin

Protz und Elend

Stefan Otto über kaum mehr steuerbare Obdachlosigkeit

Am Hackeschen Markt in Mitte ist am Samstag ein Obdachloser unter einer S-Bahn-Brücke gestorben. Ob an Unterkühlung, ist noch unklar. Das wird die Obduktion zeigen. Nur wenige Häuser weiter sind die teuren Boutiquen, wird Wohlstand zelebriert. Auch am Sonntag, so als wäre nichts passiert. Dieser Gegensatz zwischen Elend und Protz ist mittlerweile allgegenwärtig - und nur schwer zu ertragen.

Diese Entwicklung kam schleichend. Als Berlin noch als »arm, aber sexy« galt, hat sie schon begonnen. Es war klar, dass Mitte die Oberschicht anzieht und dadurch Ärmere verdrängt werden. Auch vor 15 Jahren stiegen schon die Immobilienpreise, wuchs das Prekariat, verarmten die Alten. Die Stadt ist seitdem internationaler geworden - einhergehend damit stieg übrigens auch die Anzahl der Obdachlosen unter anderem aus Osteuropa an.

Offensichtlich gibt es kein einfaches Mittel, um diese Entwicklung aufzuhalten. Viele Initiativen bemühen sich zwar, das Elend einzudämmen. Auch die Sozialpolitik des rot-rot-grünen Senats ist engagiert. Aber sie wird es nicht schaffen, die Schere zwischen Arm und Reich merkbar zu schließen. Das liegt unter anderem auch am freien Markt, der unter Berlins Mitte-Links-Regierung unantastbar bleibt. Zweifellos sorgt er - gesamtgesellschaftlich betrachtet - für Wohlstand. Doch leider ist dieser viel zu ungleich verteilt. Den Obdachlosen bleibt schließlich gar nichts.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal