Manifest des Frauenstreiks
Lateinamerikanische Aktivistinnen rufen zum Widerstand auf
Am 8. März werden wir wieder die Welt aus den Angeln heben. Von den tiefsten Wurzeln unserer Territorien bis zu den Bürogebäuden werden wir die Strukturen brechen, die uns fesseln.
Wir, Frauen, Lesben, Transvestiten und Trans, verfolgen das gleiche Ziel, und es führt kein Weg zurück. Auf die Feminisierung der Arbeit antworten wir: Feminisierung der Widerstände! Wir erobern die Straßen am Frauenkampftag und Internationalen Streiktag der Arbeiterinnen.
Die Arbeiterinnen: Indigene, Migrantinnen, Alte, Mädchen, Jugendliche, Zapatistinnen, feministische Guerilleras, Schwarze, Geflüchtete, Studierende, politische Gefangene, Kriminalisierte, Mütter, Frauen mit Behinderung, Hausfrauen, Pflegerinnen, Sexarbeiterinnen, Rentnerinnen, Ärztinnen, Gewerkschafterinnen, Arbeitslose, Prekarisierte, Verschwundene und eine nicht enden wollende Liste: Wir stehen auf von Alaska bis Patagonien.
»Wenn euch unsere Leben nichts wert sind, dann produziert doch ohne uns«, ist wieder das Motto des internationalen Streiks, der von Lateinamerika und der Karibik ausgeht, wo der Schrei nach »Keine Einzige mehr, wir wollen uns lebendig« wie eine Explosion in allen Ecken Widerhall findet.
Wir streiken für diejenigen, die nicht mehr da sind, weil sie Opfer des extremsten Ausdrucks der machistischen Gewalt geworden sind: der Femizide. Allein im Jahr 2016 wurden 1998 Morde in 17 Ländern Lateinamerikas und der Karibik registriert. In dieser Region werden täglich zwölf Frauen ermordet, allein aufgrund der Tatsache, dass sie Frauen sind.
Wir streiken für die, die verschwunden sind. Allein in Argentinien werden nach offiziellen Zahlen 3228 Mädchen, junge Frauen und Frauen vermisst. Die am stärksten betroffene Altersgruppe sind die 12- bis 18-Jährigen. Wie viele von ihnen fehlen durch das Mitwirken der Polizei oder durch Unterlassung anderer staatlicher Stellen?
Wir stehen auf für die an Abtreibung Gestorbenen und Verhafteten. 95 Prozent der Abtreibungen in Lateinamerika und der Karibik werden heimlich durchgeführt und sind unsicher. Schuld sind die restriktiven Gesetze.
Wir streiken, weil eine von drei Frauen in der Region nicht selbst für ihr Einkommen sorgen kann. Der Durchschnitt der unbezahlten wöchentlichen Arbeit erreicht in der Region 13,72 Stunden bei den Männern und 39,13 Stunden bei den Frauen. Wir stehen auf, um die doppelte Arbeitsbelastung sichtbar zu machen.
Wir streiken, weil wir das Büfett einer Party sind, auf der wir nicht eingeladen sind, weil die Armut unser Gesicht hat, groß wie das geschlechtsspezifische Lohngefälle von 23,5 Prozent in Argentinien.
Wir stehen auf, weil wir es können und wissen, wie es geht - wir streiken für unsere Leben. Alle frei, alle zusammen!
Der Text ist eine gekürzte Fassung, die deutschsprachige Übersetzung erschien auf dem Portal »poonal«.
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