Nachhaltig bauen

»da!« - Im »stilwerk« ist die Jahresausstellung der Berliner Architektenkammer zu sehen

  • Danuta Schmidt
  • Lesedauer: 4 Min.

Dass ein Bauwerk die kommenden 20 Jahre nicht nur funktional überdauert, sondern auch in seiner Formensprache, das ist der Anspruch besonderer Architektur. Nachhaltig zu bauen bedeutet demnach nicht nur, verantwortungsvoll mit Baumaterial umzugehen, ein flexibles, energieeffizientes Gebäude zu schaffen und natürliche Energiequellen zu nutzen. Für die seit 1999 stattfindende Ausstellung der Berliner Architektenkammer, die derzeit unter dem Titel »da!« im »stilwerk« zu sehen ist, sind 150 Arbeiten von Berliner Architekten eingereicht worden, die in Berlin, Deutschland und der ganzen Welt tätig sind. Mit 66 Beispielen zeigt nun die Werkschau herausragende Projekte.

Es ist ein Zeichen der Zeit, dass Bauaufgaben internationaler werden. Die Digitalisierung erleichtert das Arbeiten der Architekten im Ausland zusätzlich. Das ist Fluch und Segen zugleich: »Ich erinnere mich, dass es 2005 großer Überredungskunst bedurfte, die Projekte unserer Mitglieder außerhalb Berlins zur ›da!‹ und zum Jahrbuch zuzulassen«, sagt Christine Edmaier, die Präsidentin der Berliner Architektenkammer. Es habe aber eine sehr konjunkturschwache Zeit gegeben, in der in Berlin weniger zu tun war. Deshalb hätten viele Architekten sich neue Aufträge außerhalb der Stadt gesucht, später auch in internationalen Projekten. Jetzt aber gebe es auch in Berlin wieder viel zu tun. »Aufgrund dieser Flexibilität sind wir dafür gut aufgestellt«, sagt Edmaier. Allein 2016 seien über 1000 neue Arbeitsplätze entstanden.

Die Ausstellung »da!« zeigt Wohn- und Sozialbauten, Bürogebäude, Bauten für Gesundheit, Freizeit, Infrastruktur für die wachsende Stadt und städtische Freiflächen. Eine Jury aus sieben Fachleuten, unter ihnen der Architekt Till Schneider vom Büro schneider+schumacher aus Frankfurt (Main), Innenarchitektin Pia A. Döll und Stadtplaner Ingo Quaas aus Weimar, suchte beispielhafte Arbeiten aus. Zwölf Projekte zum Thema »Bauen im Denkmal« sind zu sehen, darunter der Umbau einer Weißenseer Villa in einen deutsch-spanischen Kindergarten von StadlerPrenn Architekten oder die Sanierung des Kulturpalastes Dresden. Saniert wurde dieses Bauwerk der Ostmoderne, in dem das Kaberett-Ensemle »Herkuleskeule« regelmäßig Auftritte hatte, von Architekten, die auch international sehr erfolgreich sind: Gerkan Mark und Partner (gmp) zeigen auf der Ausstellung zudem ein Stadion im russischen Krasnodar. Das Büro baute auch den Berliner Hauptbahnhof und die Neue Leipziger Messe.

Das »Bauen im Bestand« ist ein sehr feinfühliges Thema, gilt es doch hier, die Geschichte des Ortes, des Hauses und der Nutzer zu respektieren und die Bausubstanz mit den technischen Möglichkeiten von heute wieder fit zu machen. Auch zwei Projekte in der Freiraumplanung beschäftigten sich damit: der Gedenkort Synagogenplatz im ukrainischen Lwiw, rund 70 Kilometer von Polen entfernt, sowie das Areal um die Marienkirche am Alexanderplatz von Levin Monsigny Landschaftsarchitekten, bereits 2013 betraut mit den Freiflächen um den Fernsehturm. Die älteste Kirche Berlins erhielt einen neuen Kirchplatz mit dem Ziel, einen ruhigen Ort mitten im quirligen Stadtzentrum zu schaffen.

Neue Verkehrswege und Freizeitflächen-Gestaltung kommen bei der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA) zusammen. Marzahn-Hellersdorf rückt durch die Verbindung einer Seilbahn mit der U5 und der Gestaltung der IGA (geskes hack Landschaftsarchitekten) auf 104 Hektar ein Stück näher an die Berliner Mitte heran. Auf dem IGA-Campus mit seinen angelegten Schaugärten steht das Umweltbildungszentrum (KolbRipke Architekten) direkt am Wuhlesee, das leichter, multifunktionaler und nachhaltiger nicht sein könnte: vorgefertigte Holzraum-Module wechseln sich ab mit gläsernen Elementen, die alles erschließen und Licht hereinlassen. Mittels Faltschiebewänden ist der Grundriss der Holzraum-Module theoretisch anpassbar an unterschiedlichste Nutzung, die von privat bis öffentlich reichen könnten.

Einerseits zum Verweilen und Entspannen auf einer riesigen Terrasse einladend, stellt der offene Holzbau mit extensiv begrüntem Dach andererseits »einen Prototypen dar, der zeigen soll, was mit einem Holzmodulbau möglich ist«, erklärt Architekt Thomas Kolb. »Die leichte Abbaubarkeit und der einfache Transport eröffnen die Chance, dieses System für vielfältigste andere Nutzungen einzusetzen.« In dem Haus werden nun durch Workshops, Vorträge und Führungen soziale Kompetenzen und das Wissen um die sensible Natur gestärkt - nicht nur für Schulklassen.

»da! Architektur in und aus Berlin«, bis zum 7. April im »stilwerk Berlin«, Kantstr. 17, Charlottenburg.

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