Gysi warnt vor Spaltung der Linken

Chef der Europa-Linken wendet sich im nd-Interview gegen Wagenknechts Projekt einer Sammlungsbewegung

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Eine linke Sammlungsbewegung wie die von Jean-Luc Mélenchon in Frankreich hätte in Deutschland keine Chance. Diese Auffassung vertritt Gregor Gysi, Präsident der Europäischen Linken und Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, im nd-Interview. »Der Zug ist bei uns leider erst einmal abgefahren.« In Frankreich, wo Mélenchon mit La France Insoumise erfolgreich eine Sammlungsbewegung initiiert hat, solle jetzt die neoliberale Politik durchgesetzt werden, die mit der Agenda 2010 in Deutschland schon verwirklicht sei.

»Unser Mélenchon war Oskar Lafontaine«, so Gysi. Er macht auch rechtliche Gründe gegen eine Sammlungsbewegung geltend, wie sie die Fraktionschefin der Linkspartei im Bundestag, Sahra Wagenknecht, anstrebt. Der Bundestag habe mit einer Änderung des Wahlgesetzes verboten, dass ein Mitglied einer Partei auf der Liste einer anderen Partei kandidiert. »Sahra Wagenknecht beschreibt etwas, was rechtlich nicht mehr möglich ist«, sagte Gysi zu Überlegungen, mit einer solchen Sammlungsbewegung zu Wahlen anzutreten. Man müsste aus seiner Partei austreten und als Parteiloser bei der anderen Partei kandidieren. Das würde die gesellschaftliche Linke spalten und schwächen. Eine Sammlungsbewegung könne es nur um die Linkspartei geben, nicht neben ihr.

Im Konflikt zwischen der Führung der Linkspartei und der Fraktionsspitze im Bundestag sieht Gysi eine Verantwortung auf beiden Seiten. Er hoffe, dass man noch vor dem Parteitag im Juni eine Klärung herbeiführt. »Aber mein Optimismus ist begrenzt.« Die Linkspartei müsse der Gegenpol zur Rechtsentwicklung in Deutschland werden.

Den Wählern entgegenzukommen, die zur AfD gewechselt sind, lehnt er ab. Man müsse die Ängste der Menschen im Osten kennen, um ihnen zu erklären, dass »ihre Überlegungen zum Teil falsch sind«. Der internationale Kapitalismus werfe Fragen auf, »die wir mit Abschottung nicht lösen können«.

Dieser Artikel wurde am Sonntag, den 8. April, aktualisiert.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.