An Grundschulen fehlen Lehrer am häufigsten

An Bildungsstätten sind im vergangenen Schuljahr im Schnitt zwei Prozent der Unterrichtsstunden ausgefallen

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Fällt hin und wieder mal der Unterricht aus, freuen sich die Schüler. Bei den Eltern sieht das anders aus. Sie fürchten, dass durch den Wegfall von Unterrichtsstunden der inhaltliche Stoff des Lehrplans nicht mehr geschafft wird.

Die Senatsbildungsverwaltung hat jetzt die Zahlen für das zurückliegende Schuljahr veröffentlicht. Demnach fielen an Berliner Schulen durchschnittlich zwei Prozent aller Unterrichtsstunden ersatzlos aus. Der Wert entspricht ungefähr den Zahlen aus den Jahren zuvor.

Der Unterricht fällt etwa dann aus, wenn ein Lehrer oder eine Lehrerin krank, im Rehaurlaub oder im Mutterschutz ist und keine Vertretung organisiert werden kann. Zwischen den einzelnen Schulen gibt es allerdings große Unterschiede bei der Ausfallquote. So liegen viele Schulen unter dem Durschnittswert von zwei Prozent, andere mit fünf bis zehn Prozent Ausfall weit darüber. Der Spitzenreiter ist die Ebereschen-Grundschule in Marzahn mit einer Quote von 13,7 Prozent Ausfall.

Insgesamt zeigen die Zahlen, dass an Grundschulen häufiger als an anderen Schulformen wie Sekundarschulen und Gymnasien der Unterricht ausfällt. Unter den zehn Schulen mit der höchsten Ausfallquote im Schuljahr 2016/17 sind insgesamt acht Grundschulen. Das ist kein Zufall, sagt der Berliner Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Tom Erdmann. »Es ist offensichtlich, dass die Schulform, an der der Fachkräftemangel am deutlichsten spürbar ist, auch die höchsten Unterrichtsausfälle zu verzeichnen hat«, sagte Erdmann dem »nd«.

An Gymnasien und Sekundarschulen sei die Arbeitssituation für die Pädagogen im Schnitt besser. Damit hätten die beiden Schulformen einen Vorteil im Wettbewerb um Lehrkräfte. »An den Grundschulen haben wir die höchste Quote von Quereinsteigern, die häufig nur halbtags arbeiten«, erklärte Erdmann. Insbesondere an Grundschulen am Stadtrand und in Brennpunktbezirken könne es mit Blick auf die Personalsituation schnell eng werden.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht die Leitungen der am häufigsten von Unterrichtsausfall betroffenen Schulen in der Mitverantwortung. »Wenn immer wieder viele Lehrkräfte krank sind oder vielleicht auch die gleichen Lehrkräfte, dann muss man sich ein bisschen tiefer damit auseinandersetzen, ob das auch etwas mit der Schule selbst zu tun hat«, sagte die Bildungssenatorin dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).

Die jeweilige Schulleitung könne eigenständig darüber entscheiden, wie sie ihre drei Prozent Vertretungsmittel einsetze. Auch könne ein gutes Stundenplan-Management dafür sorgen, dass Lehrer ausreichend Freistunden und damit die Möglichkeit zum Vertretungsunterricht bekämen, erklärte Scheeres weiter.

Die bildungspolitische Expertin der Grünen, Marianne Burkert-Eulitz, plädierte für eine Ursachenforschung. »Wir müssen uns die einzelnen Schulen anschauen und gucken, was dort schiefläuft«, so Burkert-Eulitz. Lehrkräfte seien aufgrund ihres stressigen Jobs und zu hoher Arbeitsbelastung häufig von Burnout betroffen. »Wie in anderen Unternehmen auch brauchen wir ein ausgereiftes Gesundheitsmanagement an unseren Schulen«, forderte die Grünen-Politikerin.

GEW-Chef Erdmann bezeichnete es als »zynisch«, die Schulleitungen individuell für Unterrichtsausfall verantwortlich zu machen. »Eine solche pauschale Aussage spielt die Kolleginnen und Kollegen gegeneinander aus.« Was wirklich helfen würde, sei eine reguläre Ausstattung der Schulen mit zehn Prozent mehr Personal. »Keine Fußballmannschaft geht ohne Ersatzspieler aufs Feld. Das muss auch für die Schulen gelten«, sagte Erdmann. Zudem müssten die Arbeitsbedingungen der Pädagogen verbessert werden. Zum Beispiel durch eigene Lehrer-Arbeitsplätze.

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