Freispruch erster Klasse
Keine Anklage wegen Aktenlager von Immelborn
Erfurt. Wegen des Streits um das Aktenlager Immelborn (Wartburgkreis) muss Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse keine weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Erfurt befürchten. Das Verfahren wegen des Anfangsverdachts auf Untreue und Prozessbetrug sei eingestellt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag. Es gebe keinen hinreichenden Tatverdacht. Der Datenschützer selbst hatte Vorwürfe stets bestritten.
Hasse war 2013 auf mehrere hunderttausend Akten aufmerksam gemacht worden, die in Immelborn ungesichert lagerten, darunter medizinische Aufzeichnungen. Zum Umgang mit den Papieren und dem Gebäude, in dem sie sich befanden, lieferten sich der Datenschutzbeauftragte und das damals noch CDU-geführte Innenministerium einen heftigen Schlagabtausch, bei dem Hasse sogar das Ministerium verklagte.
Ein Untersuchungsausschuss im Landtag setzt sich seit langem mit den Vorwürfen gegen den Datenschutzbeauftragten auseinander. Vor einigen Monaten tauchte eine anonyme Anzeige gegen ihn auf, die ihn der Untreue und des Prozessbetrugs bezichtigte. Danach soll Hasse bei seiner Klage gegen das Innenministerium verschwiegen haben, dass er nicht alle Möglichkeiten genutzt habe, um das Aktenlager selbst zu räumen.
Die Behörde habe ihm einen »Freispruch erster Klasse« erteilt, kommentierte Hasse die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen gegen ihn zu beenden. Mit einer ebenfalls anonymen Anzeige gegen den CDU-Landtagsabgeordneten Manfred Scherer im Zusammenhang mit dem Aktenlager beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft weiter. Darin war vor allem Scherer, aber auch dem CDU-Abgeordneten Jörg Geibert vorgeworfen worden, dass sie hinter der anonymen Anzeige gegen Hasse steckten.
Diese Anschuldigung wiederum hatte ein Sprecher der Unionsfraktion im Landtag zurückgewiesen. Ein Prüfvorgang, den die Behörde wegen der Vorwürfe gegen Scherer eingeleitet habe, sei anders als die Ermittlungen gegen Hasse noch nicht abgeschlossen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Dass es diesen Vorgang noch weiter gebe, bedeute aber nicht, dass die Strafverfolger einen Anfangsverdacht gegen den CDU-Mann sähen. Erst am Ende der Prüfungen würden sie entscheiden, ob sie die Anzeige ebenfalls zu den Akten legen. dpa/nd
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.