Probieren statt digitalisieren
Grit Gernhardt will keine elektronischen Lebensmittelverpackungen
Die Digitalisierung wird’s schon richten, mag sich Ernährungsministerin Julia Klöckner gedacht haben, als sie ihre neueste Idee hinausposaunte: Statt nämlich der Industrie Beine zu machen und eine vernünftige, verständliche und vor allem verbindliche Kennzeichnung von Lebensmittelverpackungen auf den Weg zu bringen, hofft sie darauf, dass digitale Packungen den Kunden anzeigen, ob sie ein Lebensmittel noch essen können.
Denn die Unterscheidung zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verfallsdatum ist kompliziert. Viele Kunden verwechseln beides und schmeißen noch genießbares Essen weg. Der Industrie nützt das, kann sie so doch schneller neue Produkte verkaufen; auch Verpackungsproduzenten dürften sich freuen. Umwelt und Klima aber leiden weiter.
Doch ob digitale Joghurtbecher die Antwort sind, darf bezweifelt werden. Eher verlegen sie ein Problem, das durch Aufklärung der Bevölkerung oder die Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums zu lösen wäre, in den Bereich der Technik. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie viele Bauteile nötig wären, um jede Verpackung so auszurüsten, dass sie ihren Inhalt analysieren kann. Neue Müllberge drohen, zudem sind technische Systeme fehleranfällig und entheben die Konsumenten nicht der Verantwortung, vor dem Trinken zu prüfen, ob die Milch sauer ist.
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