Facebook-Wut kreativ nutzen

Kurt Stenger sieht Positives am Auftritt von Mark Zuckerberg

Blamage, Farce, Trauerspiel - die Bewertungen des Auftritts von Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor dem Europaparlament waren recht einhellig. So, als hätten die Kommentatoren nur die Möglichkeit gehabt, einen Dislike-Button anzuklicken. Der Begriff »Schmierenkomödie« wäre vielleicht noch treffender, aber sei’s drum. Letztlich vermittelte Zuckerberg den Eindruck, die Parlamentarier sollten sich geehrt fühlen, dass sich so ein wichtiger Konzernchef aus dem fernen Amerika die Ehre gibt, die Wogen nach dem Cambridge-Analytica-Skandal zu glätten. Das Parlament hatte ihm dafür die Bühne zu bereiten, ohne ihn ins Kreuzverhör zu nehmen.

Das Format war so zuckerberg-like, dass man die Veranstaltung besser hätte platzen lassen sollen. Aber letztlich hatte sie doch ein Gutes: Statt ganz viele neue Freunde zu gewinnen, sorgte der Facebook-Chef für neue Verärgerung. Er zeigte auf, wie es ein digitaler Medien- und Datenverwertungskonzern mit dem altmodisch-analogen Prinzip der repräsentativen Demokratie hält: Alles hat nach den Spielregeln Zuckerbergs zu laufen, dessen Kernprodukt allein mehr als vier Mal so viele Nutzer hat wie die Europäische Union Einwohner. Wem es noch nicht klar ist, muss spätestens jetzt einsehen, dass die Gesetzgeber gefragt sind, diesen Allmachtsfantasien durch strenge Regulierungen im Bereich Datenschutz und Datensicherheit sowie Besteuerung Grenzen zu setzen. Das wäre mal eine kreative Nutzung der allgemeinen Wut über die Zuckerberg-Show.

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