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Nussschale gegen die Blockade

Erneut ist eine winzige Flottille von der Nordsee aus in Richtung Gaza unterwegs

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.

Abermals hat die israelische Armee am Dienstag Ziele im Gazastreifen bombardiert. Die Palästinenser selbst erklärten über ihre Nachrichtenagentur, es seien militärische Einrichtungen der Organisation Islamischer Dschihad getroffen worden. Zuvor hatte es von Gaza aus Beschuss auf Südisrael gegeben. Von der israelischen Armee hieß es dazu, die meisten Geschosse seien vom Abwehrsystem »Eisenkuppel« abgefangen worden.

Gehören derlei Scharmützel schon zum beinahe Gewohnten, so hat die israelische Regierung von der Seeseite her eine neue Verschärfung der Lage ins Spiel gebracht. Seit Sonntag arbeite man an einer weiteren Verschärfung der Blockade, heißt es aus dem Hause von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. Es handelt sich um eine Art Wellenbrecher, der bis Jahresende fertiggebaut sein soll.

Angeblich würden damit Personen gehindert, auf dem Seeweg von Gaza nach Israel vorzudringen. Tatsächlich verunmöglicht es zumindest ebenso palästinensische Küstenfischerei. Auf einer, man muss wohl sagen todesmutigen Mission wollten 17 Palästinenser auf dem Fischerboot »Hurriya« (Freiheit) dagegen protestieren. »Wir haben das Recht, unser Land zu verlassen und auch wieder zurückzukommen«, sagte ihr Sprecher Ramadan al-Hajek am Montag trotzig gegenüber dpa. Das israelische Militär vereitelte am Dienstag die Aktion.

Dies alles geschieht genau acht Jahre nachdem das israelische Militär das türkische Schiff »Mavi Marmara« einer internationalen Gaza-Solidaritätsflotte mit militärischer Gewalt aufbrachte und dabei zehn Passagiere tötete. Aus Anlass dieses Jahrestages und nach dem israelischen Blutbad am Gazastreifen in den zurückliegenden Wochen mit fast 130 Todesopfern gibt es jetzt wieder eine Solidaritätsflotte.

Ein norwegischer Fischkutter und zwei schwedische Segeljachten haben sich am Dienstag von Wilhelmshaven zunächst in Richtung Amsterdam aufgemacht, um Solidarität mit den Palästinensern zu demonstrieren. Wie weit es dann noch Richtung Gaza gehen soll, ist offen. In der niedersächsischen Stadt wie zuvor schon in Kiel wurde das Anliegen der kleinen Flotte der Öffentlichkeit vorgestellt; mit dabei auch Annette Groth, frühere LINKE-Bundestagsabgeordnete und 2010 mit auf der »Mavi Marmara« unterwegs.

Soll es bis Gaza gehen? »Das geografische Ziel ist schon Gaza, obwohl ich meine, dass allen Beteiligten wahrscheinlich klar ist, dass man Gaza mit diesen vier Schiffen nicht erreichen wird. Die Schiffe sind aber gekennzeichnet als ›Freedom Flotilla to Gaza‹. Es ist vor allen Dingen ein Zeichen der Solidarität mit den Leuten in Gaza, um auch auf diese Weise auf die katastrophalen Auswirkungen der Blockade in Gaza hinzuweisen.«

Die Gaza-Fahrer kommen vor allem aus Skandinavien, aber auch eine Israelin ist dabei. Mit der Resonanz für ihre Mission hier an Land sind sie offenbar zufrieden. »30 bis 40 Leute mit Palästina-Fahnen waren in Wilhelmshaven«, freut sich Groth, hier in Deutschland seit langem aktiv im BIB, dem Bündnis zur Beendigung der israelischen Aggression. Das BIB ist ein deutsch-jüdisch-palästinensischer Verein, der sich für eine gerechte Nahostlösung einsetzt.

Die Gaza-Fahrer waren auch begeistert. »Sie wissen«, so die frühere menschenrechtspolitische Sprecherin der LINKEN, »dass es gerade in Deutschland schwieriger ist als in anderen Ländern, Palästina-Solidarität zu organisieren. Das ist ja leider so.«

In Palästina ging das Sterben unterdessen weiter. Erst am Montag hatte ein israelischer Panzer nach Gaza hineingeschossen und in einer Unterkunft einen Mann getötet. Dies, wie die Blockade und in den Wochen zuvor die scharfen Schüsse auf Protestierende an der Demarkationslinie, wird von Seiten der israelischen Regierung mit Sicherheitsbedürfnissen begründet. Die Mitglieder der Palästinenserorganisation Hamas, die die Proteste organisierte, sind für Israel folglich ausnahmslos Terroristen, mit denen nicht verhandelt wird.

Der deutsche Nahostexperte Michael Lüders bemerkte dazu einmal sarkastisch, bei den Israelis kämen die Palästinenser, was sie auch tun, niemals zu ihrem Recht. »Sind sie gemäßigt wie (ihr Präsident Mahmud - die Red.) Abbas, bekommen sie nichts. Sind sie radikal (wie die Hamas - die Red.), bekommen sie erst recht nichts.«

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