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Buddhas Passion

Internationale Gäste, ein Cello-Schwerpunkt und eine Uraufführung bei den 41. Dresdner Musikfestspielen

  • Dietrich Bretz
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch bis zum kommenden Wochenende laufen die 41. Dresdner Musikfestspiele. Bei rund 70 Veranstaltungen waren und sind Klangkörper und Solisten aus vieler Herren Länder zu Gast - diesmal unter dem Motto »Spiegel«. »In der Musik«, so Intendant Jan Vogler, »spiegelt sich das ganze Leben, unsere Existenz, unsere Umwelt und unsere Emotionen.«

Einen Programmschwerpunkt hat sich Vogler, selbst renommierter Cellist, mit der Reihe »Cellomania« ausgedacht. Passend zum gegenwärtigen »Jahr des Violoncellos« haben die Festspiele ein Gipfeltreffen von mehr als 20 Cello-Virtuosen etabliert, die in unterschiedlichen Formationen oder solistisch auftraten. Gleich zum Auftakt brach Vogler eine Lanze für Dmitri Schostakowitschs selten aufgeführtes 2. Cellokonzert von 1966. Zusammen mit der von Hartmut Haenchen geleiteten Königlichen Kapelle Kopenhagen spannte er einen faszinierenden Ausdrucksbogen vom Klagegesang über aufbegehrende Passagen bis hin zum frischen Allegretto. Musik als Spiegel persönlicher Befindlichkeiten wie auch gesellschaftlicher Konflikte leuchtete hier auf.

Einen Höhepunkt markierte der Abend zum 70. Geburtstag der Cello-Legende Mischa Maisky mit einem russischen Programm. Wobei der Altmeister sowie sein Sohn Sascha (Violine) und die Tochter Lily (Klavier) eingangs bei Sergej Rachmaninows »Trio élegiaque« in den Tonfall russischer Spätromantik eintauchten. Packend sodann Schostakowitschs Cellosonate op. 40, deren vehementes Scherzo ebenso wie das melancholische Largo Vater und Tochter intensiv ausformten. Mit großem Einsatz engagierten sich die drei Maiskys auch für Schostakowitschs 2. Klaviertrio - ein Requiem für den früh verstorbenen Freund Iwan Sollertinski.

Künftig alljährlich eine große Uraufführung zu präsentieren, ist erklärtes Ziel des Intendanten. Einen signalartigen Start bezeichnete heuer die Welturaufführung der »Buddha-Passion« von Tan Dun. Der 1957 geborene, jetzt in New York lebende chinesische Tonschöpfer kehrte damit nach 35 Jahren an den Ausgangspunkt seiner kompositorischen Karriere zurück. In Dresden hatte der damals 26-jährige Student für ein Streichquartett den Carl-Maria-von-Weber-Preis erhalten.

Die »Buddha-Passion« ist ein zwischen Oper und Oratorium changierendes Werk, das sechs inhaltlich miteinander verbundene Geschichten zum Vorbild hat. Das Libretto ist in Sanskrit und Chinesisch verfasst. Erzählt die erste Hälfte drei uralte Geschichten indischer Herkunft, so lässt der zweite Teil Buddha als Zen-Gottheit auftreten. Inspiriert zu dem Opus wurde Tan Dun von den Wandmalereien in den Höhlentempeln von Dunhuang an der Seidenstraße. Den Anstoß für sein Werk erhielt er durch die Erstaufführung von Bachs »Matthäus-Passion« in Shanghai.

Jedoch ist sein Werk nicht vordergründig eine Passionskomposition. Denn nicht als leidende Kreatur erscheint Buddha hier, vielmehr als Gestalt einer Heilshistorie. Als Grundtugenden des Buddhismus werden Verantwortlichkeit des Individuums sowie Barmherzigkeit und Achtung vor allen Lebewesen beschworen. Das Werk, in Dresden als Oratorium uraufgeführt, besitzt gleichwohl fulminante szenische Kraft und spannt einen Bogen hinweg über Kulturkreise, Religionen und musikalische Traditionen.

Dass Tan Dun als Komponist von Opern wie auch Filmmusik seine Meriten hat, ist in etlichen Passagen zu hören. Musikalische Sprachelemente aus Ost und West korrespondieren auf verblüffende Weise miteinander. Facettenreich ist die Klangpalette, in der aus tiefer Versunkenheit aufsteigende Tonpassagen mit gewaltigen Orchesterstürmen sowie lyrische Toninseln mit massiven Schlagzeuggewittern alternieren. Obwohl ein europäisch dominiertes Orchesterinstrumentarium die klangliche Stütze bildet, ist die Tonsprache von fernöstlichem Kolorit durchdrungen.

Eine Ehre für Dresden, dass Tan Dun sein neues Werk hier persönlich aus der Taufe hob - mit den präzise musizierenden Münchner Philharmonikern und der stimmgewaltigen Internationalen Chorakademie Lübeck. Gewichtigen Anteil an der vokalen Darstellung hatten die vortrefflichen Solisten. Ein musikalisch vielgestaltiges Werk, das die Besucher gefangen nahm. Von Dresden aus wird es seinen Weg zu den am Kompositionsauftrag beteiligten Klangkörpern in New York, Los Angeles sowie Melbourne antreten.

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