Staatstragend

Ines Wallrodt über das Urteil des Verfassungsgerichts zum Beamtenstreikrecht

Üblicherweise sind die Grundrechte beim Bundesverfassungsgericht in guten Händen. Seine Richter haben schon oft die Verfassung gegen autoritäre Angriffe verteidigt und mit ihren Entscheidungen die Bundesrepublik moderner und liberaler gemacht. Beim Beamtenstreikrecht sind sie in dieser Hinsicht keine Hilfe, sie bestätigen mit dem Streikverbot vielmehr ein Relikt aus der Kaiserzeit.

Danach sind Staatsdienst und demokratische Rechte offenbar nicht vereinbar. »Rosinenpicken« wäre das, bemüht das Gericht sogar ein diffamierendes Bild der Streikgegner. Dabei geht es beim Streikrecht um ein nicht nur im Grundgesetz, sondern auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention abgesichertes Menschenrecht, das doch nicht einfach gegen ein paar Beamtenprivilegien aufgerechnet werden kann.

Der Zweite Senat hat ein enttäuschend eindimensionales Urteil gesprochen, das über sämtliche Widersprüche der realen Welt hinweggeht. Kein Wort dazu, dass der Schulbetrieb in einigen Bundesländern weitgehend ohne Beamte auskommt. Stattdessen sorgen sich die Richter um die Aufspaltung der Beamtenschaft in einen Teil mit und einen ohne Streikrecht. Dieselbe Zweiteilung der Lehrerschaft stört sie hingegen nicht. Aber die Widersprüche bestehen fort. Zu Ende ist die politische und wohl auch juristische Auseinandersetzung deshalb nicht.

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