Noch lange keine Einigung

Diskussion über neues Tarif-Angebot für studentische Beschäftigte an Berliner Hochschulen

  • Christopher Wimmer
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach eineinhalb Jahren Verhandlungen und jetzt 39 Streiktagen hat die Tarifkommission der studentischen Beschäftigten in der vergangenen Woche ein vorläufiges Verhandlungsergebnis mit den Berliner Hochschulen und dem kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) erreicht. Die Hochschulen wollen unter anderem den Stundenlohn von derzeit 10,98 Euro zum 1. Juli auf 12,30 Euro anheben. Bis 2022 soll der Stundensatz schrittweise auf 12,96 Euro erhöht werden. Ab 2023 sei dann eine Anpassung an die Tariferhöhungen anderer Hochschulbeschäftigter geplant.

Über dieses Einigungsangebot in Form eines Eckpunktepapiers müssen nun noch die studentischen Beschäftigten abstimmen. Wie das Ergebnis aussehen wird, ist noch völlig unklar. An den großen Hochschulen in Berlin hatte die Tarifinitiative der studentischen Beschäftigten an diesem Montag zu Informationsveranstaltungen eingeladen, auf denen über das Angebot der Hochschulen diskutiert wurde. Während in den Reaktionen der Regierungsparteien und der Berichterstattung schon zur Einigung gratuliert wurde, stellte sich die Stimmung auf den Veranstaltungen anders dar: Es wurde kontrovers debattiert. Verschiedene Kritikpunkte wurden wiederholt laut.

Zentraler Aufhänger war die fehlende Tarifeinheit. Während die Technische Universität (TU) schon seit Anfang des Jahres 12,50 Euro pro Stunde zahlt, sollen nach derzeitigem Angebot die anderen studentischen Beschäftigten erst ab Juli 2019 diese Summe erhalten. Zudem seien die Dynamisierungsschritte bis zur Ankopplung an den Tarifvertrag ab 2023 zwischen 0,9 und 1,6 Prozent Steigerung deutlich unterhalb der zu erwartenden Inflation.

Yunus Özgür, studentischer Beschäftigter aus den Wirtschaftswissenschaften an der Freien Universität, bringt es auf den Punkt: »Endlich haben wir die TV-L-Ankopplung erstreikt. Aber ohne Tarifeinheit mit 12,50 Euro bekommt ihr uns nicht!« Die Studierenden kritisierten auch, dass die Löhne nicht rückwirkend zum 1. Januar 2018 erhöht werden sollen. Dadurch werden einige Beschäftigte, die mitgestreikt haben, von der Einigung nicht profitieren.

Neben einer sofortigen Lohnerhöhung war die Ausgestaltung der TV-L-Ankopplung Knackpunkt in den Verhandlungen. Obwohl bei dem ersten Angebot im Frühjahr 2017 eine bedingungslose TV-Ankopplung auf dem Tisch lag, wird sie nun unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Matthias Neis, Verhandlungsführer der Gewerkschaft ver.di, fasst das nun vorliegende Ergebnis so zusammen: »Der Kompromiss verlangt uns erhebliche Zugeständnisse ab. Zentraler Ausschlag für das positive Abstimmungsergebnis war sicher die Anbindung an den TV-L ab dem Jahr 2023.«

Während ver.di und die GEW empfehlen, das Ergebnis anzunehmen, ist die Stimmung an der Basis gespalten. Die studentisch Beschäftigten diskutieren, ob sie wieder streiken sollen. Abstimmen können Mitglieder von GEW oder ver.di darüber in einer Befragung, die am Dienstag startete und noch bis Donnerstag läuft. Das Ergebnis wird für Freitag erwartet.

Seit Jahresbeginn waren die insgesamt 8000 studentischen Mitarbeiter*innen bereits mehrfach aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Sie fordern einen neuen Tarifvertrag nach 17 Jahren ohne Tariferhöhung. Ausfallende Tutorien und Bibliotheksöffnungszeiten durch die Streiks schränken kurz vor Semesterende und Prüfungszeit den Studienbetrieb an den Hochschulen merklich ein.

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