Frontalangriff auf Lompscher

SPD-Politiker startete Umfrage, ob die Stadtentwicklungssenatorin zurücktreten soll

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Während Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) im Urlaub an der Ostsee weilt, arbeitet der SPD-Politiker Volker Härtig kräftig an ihrer Demontage. In einem am Dienstagabend bekannt gewordenen Schreiben des Vorsitzenden des SPD-Fachausschusses »Soziale Stadt«, will er darüber abstimmen, ob die Senatorin zurücktreten oder entlassen werden soll.

Die »Stillstandssenatorin«, wie Härting Lompscher in dem Brief nennt, sei »zwar Spitze beim Schwarzen-Peter-Spiel in Sachen Wohnungsbau-Behinderung«, spürbare Erfolge habe sie jedoch nur in einer Hinsicht: unter anderem mit »leichtfertigem Laissez-faire gegenüber den Bezirken« sowie »einseitiger Akzentuierung auf Partizipation«. Damit habe sie die »Erfolge der letzen Jahre in der SPD-Baupolitik erheblich ruiniert«.

Speziell erregt sich Härtig über »die an Dreistigkeit kaum überbietbare Personalbesetzung« der Leitungsstelle in der Wohnungsbauabteilung der Stadtentwicklungsverwaltung. Durch eine Indiskretion war bekannt geworden, dass die derzeitige Bezirksstadträtin Sandra Obermeyer (parteilos, für LINKE) gute Aussichten auf den Posten hat.

»Das Stellenbesetzungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen, insbesondere ist noch keine abschließende Auswahlentscheidung getroffen worden«, erklärt die Stadtentwicklungsverwaltung auf nd-Anfrage. »Da trotz der bestehenden Verschwiegenheitspflicht die vertraulichen Informationen aus dem Stellenbesetzungsverfahren an den ›Tagesspiegel‹ weitergegeben worden sind und in diesem Zuge auch personenbezogenen Angaben veröffentlicht wurden«, habe die Senatsverwaltung »Strafanzeige bezüglich aller rechtlich in Betracht kommenden Delikte« gestellt, heißt es weiter.

Im SPD-Landesverband ist das Schreiben Härtigs indes nicht gut angekommen. »Derartige Aktionen gehören generell nicht zum Aufgabenspektrum unserer Fachausschüsse«, erklärt Landesgeschäftsführerin Anett Seltz auf nd-Anfrage. »Dieser Brief ist definitiv nicht die geeignete Form der Auseinandersetzung mit den drängenden Themen der Stadt«, so Seltz weiter. Es handele sich um eine »unabgestimmte, einzelne Aktion und einen insgesamt sehr ärgerlichen Vorgang«. Die SPD Berlin werde das Schreiben nicht in ihre weitere stadtentwicklungspolitische Diskussion einbeziehen.

»Ich erwarte von der SPD ein Bekenntnis, dass sie mit uns eine andere Wohnungspolitik machen will«, sagt Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen. Volker Härtig habe sich schon in den Koalitionsverhandlungen »äußerst destruktiv« verhalten. »Das ist schon parteischädigendes Verhalten für die SPD«, findet Schmidberger. »Vielleicht sollte Volker Härtig sich langsam mal Hilfe holen«, empfiehlt sie.

»Die Kommentierung einer internen Umfrage, gestartet von einem alten SPD-Strippenzieher, ist ebenso abseitig, wie die Kommentierung einer internen Stellenbesetzung der Bausenatorin«, findet Katalin Gennburg, Stadtentwicklungsexpertin der Linksfraktion. Es sei »hilflos und zynisch« von SPD-Bauerfolgen der letzten Jahre zu sprechen. »Volker Härtig hat früher auch mal Hausbesetzungen verteidigt und will davon heute nichts mehr wissen. Das ist bemerkenswert und drängt die Frage auf, aus welchen Motiven er handelt«, so Gennburg weiter. Man wisse nun, wessen Handschrift die dauerhaften Angriffe auf Lompscher trage.

Es sei klar, dass der tief im sozialdemokratischen Baufilz verstrickte Härtig gegen die Bausenatorin schieße, gingen ihm doch »Pfründe und Macht« verloren, kommentiert LINKEN-Landeschefin Katina Schubert per Twitter. Die SPD könne entscheiden: »R2G« für ein soziales Berlin oder sie seien allein.

»Da hat ein alter Mann immer noch nicht verwunden, dass eine Frau der LINKEN den Posten bekommen hat«, sagt Sandy Kaltenborn von der Mieterinitiative »Kotti &Co« zu dem Schreiben.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal