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Ohne Nummer wird es teuer
Ab 1. August droht Vermietern ohne Registrierung der Airbnb-Wohnung Buße von bis zu 250.000 Euro
Die neuen Regeln zur Vermietung von Wohnungen oder Zimmern an Feriengäste sind nun »scharfgeschaltet«: Nach einer Übergangsfrist von drei Monaten müssen Anbieter, die keine behördliche Genehmigung oder keine individuelle Registriernummer haben, seit diesem Mittwoch mit Bußgeld rechnen. So sieht es das bereits am 1. Mai in Kraft getretene, verschärfte Zweckentfremdungsverbot-Gesetz vor. Nach Angaben mehrerer Zeitungen wurden bisher jedoch bei den zwölf Bezirken nur rund 800 Registriernummern beantragt. Nach Schätzung des Senats werden allerdings 20 000 bis 30 000 Wohnungen oder Zimmer an Touristen vermietet. Die Internetseite insideairbnb.com kommt für den größten Anbieter Airbnb auf über 26 000 Übernachtungsangebote, die Hälfte davon in den Innenstadtbezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg. Airbnb selbst gibt an, dass im vergangenen Jahr 700 000 Gäste über die Plattform Wohnungen in Berlin gebucht hätten.
»Wirklich alle Homesharer müssen eine Registriernummer beantragen, selbst wenn sie keine behördliche Genehmigung zur Untervermietung benötigen«, diesen Hinweis bekräftigt Petra Rohland, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Bis zu 250.000 Euro Buße werden nämlich ohne die Angabe der Registrierung bei Übernachtungsangeboten fällig, selbst wenn weniger als die Hälfte der Fläche der selbst genutzten Wohnung an Touristen vermietet wird. Sobald der Anteil größer ist, muss zusätzlich eine Genehmigung beantragt werden - für eine Verwaltungsgebühr von 225 Euro.
»Wir sind enttäuscht, dass man bei der Vermietung von mehr als der Hälfte der Wohnung ab dem ersten Tag eine Genehmigung braucht«, sagt Sebastian Olényi vom Homesharing Club Berlin, auch wenn er das Gesetz generell gut findet. »Airbnb begrüßt das neue Gesetz, da wir das Ziel der Stadt, Wohnraum zu schützen, unterstützen und es wichtig finden, dass die Stadt zwischen Home Sharern und professionellen Anbietern unterscheiden kann«, lässt sogar der Internetkonzern wissen.
»Weil es noch keine Ausführungsvorschriften gibt, regelt das jedes Bezirksamt anders«, beklagt Olényi. »Manche erteilen die Genehmigung für zwei Jahre, andere für drei Jahre. Sie wollen Flugtickets, Quittungen oder auch die Kündigung einer alten Wohnung sehen«, berichtet er. Tatsächlich werden die Vorschriften wohl erst im Herbst vorliegen. Die entsprechende Verordnung sei »wirkliches Neuland«, und müsse rechtssicher gestaltet werden, erklärt Rohland.
Erstaunt ist Olényi darüber, dass die Bezirksämter selbst bei der bloßen Vergabe der Registriernummer eine Genehmigung des Hausbesitzers zur Untervermietung als Ferienwohnung sehen wollen. »Das ist eigentlich eine zivilrechtliche Sache zwischen Mieter und Vermieter, die den Bezirk gar nichts angeht«, so Olényi.
Eckhard Sagitza, Gruppenleiter Zweckentfremdung im Wohnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg, hält dagegen: »Ich hatte gestern erst eine alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern bei mir, die die Registriernummer beantragen wollte«, berichtet er. Allerdings ohne die Einverständniserklärung des Vermieters. »Unerlaubte Untervermietung ist aber ein gerichtsfester Grund für eine Kündigung ohne Abmahnung«, erklärt Sagitza. »Wir müssen die Wohnungsnot doch nicht noch durch Unkenntnis verschärfen«, sagt er. Nach Beratung, er nehme sich viel Zeit dafür, zögen viele ihren Antrag wieder zurück. »Airbnb sind diese Folgen natürlich egal, die wollen Geld verdienen«, so Sagitza.
»Die Registriernummer ist lediglich Notwehr und Ausweis dafür, dass Airbnb mit Verweis auf den Datenschutz der eigenen User*innen nicht bereit ist Auskünfte über illegale Vermietungen zu geben«, erklärt Katalin Gennburg, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Airbnb habe als Verbandsmitglied der European Holiday Home Association Beschwerde gegen nationale und kommunale Regulierungen zum Wohnraumschutz bei der EU-Kommission eingereicht. »Dadurch wird deutlich, dass der Konzern das Problem ist«, so Gennburg.
Viel wichtiger als eine amtlich vergebene Registriernummer wäre laut Gennburg eine Verknüpfung der User*innendaten mit der amtlichen Steuer-ID. »So könnte Transparenz über Vermietungspraxis und Steuerehrlichkeit gleichermaßen hergestellt werden«, ist die Abgeordnete überzeugt. Sie sieht Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) in der Pflicht, Airbnb »an die kurze Leine zu legen, um den Wohnraumschutz für alle Berliner*innen ernsthaft mit durchzusetzen.«
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