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»Alle wollen Russland zurückhaben«

IPC-Präsident Andrew Parsons vor der Para-Leichtathletik-EM über große Herausforderungen im Behindertensport

Sie haben in der Vergangenheit Deutschland immer wieder als ein Zentrum der paralympischen Bewegung bezeichnet. Was erwarten Sie von den Para-Leichtathletik-EM?

Ich bin wirklich gespannt. Die Athleten sind in bester Form, wir haben hier 600 aus fast 40 Ländern am Start. Das Stadion sieht fantastisch aus und die Stadt freut sich auf das Ereignis mit dem fantastischen Sportsommer hier. Insofern sind die Erwartungen sind sehr hoch und ich glaube, die Zuschauer werden glücklich sein und die Medien, die berichten, auch. Die Athleten werden ebenso glücklich sein. Und wenn die Athleten glücklich sind, ist es das Internationale Paralympische Komitee auch.

Zur Person

Andrew Parsons ist seit September 2017 Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC). Derzeit besucht der 41 Jährige in Berlin die vom IPC ausgetragenen Europameisterschaften der Leichtathleten mit Behinderung.

Vor der Eröffnungsfeier am Montag sprach er mit Jirka Grahl über seine Erwartungen an die EM, mögliche Multisportevents im Behindertensport, die noch immer suspendierten Russen und die lange Zeit belastete Beziehung zum Internationalen Olympischen Komitee.

In Berlin gab es vor kurzem die Leichtathletik-EM im Rahmen des Multisportevents European Championships. Ist so eine Konzentration von mehreren Kontinentalmeisterschaften auch im Behindertensport denkbar?

Es ist eine Möglichkeit, die wir ausloten können. Wir müssen allerdings erst mal die Dinge genau studieren: Was sagen die Athleten rückschauend über die European Championships, was die Sponsoren und die europäischen Verbände? Erst wenn wir die abschließenden Auswertungen angehört haben, lohnt es, darüber nachzudenken. Lassen sie uns die Dinge analysieren und dann darüber reden.

Wie ist der Stand in Sachen der russischen Behindertensportler, die im Zuge des Dopingskandals noch immer nicht antreten dürfen?

Wir sehen Fortschritte im Russischen Paralympischen Komitee in Sachen Antidoping, zum Beispiel gibt es jetzt eine ordentliche Whistleblower-Politik. Aber wir haben noch zwei große Kriterien, die die Russen erfüllen müssen. Erstens: Die Suspendierung der russischen Antidopingagentur muss von der Weltagentur WADA aufgehoben sein. Und zweitens müssen die Russen die Ergebnisse des Mc-Laren-Berichtes anerkennen. Warten wir mal ab, was die WADA-Exekutive im September bei ihrem Meeting auf den Seychellen entscheidet. Noch sind die Russen suspendiert, deswegen fehlen sie auch hier in Berlin.

Wie wichtig ist es für Sie persönlich, das Thema Russland zu lösen?

Alle in der Paralympischen Bewegung wollen Russland zurückhaben, aber auf die richtige Art und Weise. Die IPC-Kriterien müssen erfüllt werden, vor allem braucht Russland eine funktionierende Antidopingagentur. Das ist für einen funktionierenden Antidopingkampf unabdingbar. Wenn das aber gegeben ist, freuen wir uns, die russischen Athleten wieder am Start zu sehen. Und wenn ich mich umhöre: Mehr und mehr Athleten aus anderen Ländern wollen, dass die Russen wieder dabei sind. Sie wollen gegen die Besten antreten.

Russland war die erfolgreichste Nation bei den vergangenen Para-Leichtathetik-EM. Die wird nun vollkommen anders verlaufen ...

Ja. Und das ist unglücklich. Wir wollen die Athleten gerne hier haben. Denn wir wissen natürlich, dass ein Großteil sauber ist. Aber die diese Entscheidungen wurden nun einmal gefällt, wir halten sie für richtig, wie auch die IPC-Entscheidungen vor Rio 2016 (Suspendierung aller Russen - d. Red.) und Pyeongchang 2018 (30 russische Sportler unter neutraler Flagge - d. Red.).

2016 gab es Olympische und Paralympische Spiele in Ihrer Heimatstadt in Rio de Janeiro. Vor allem die Olympischen Sportanlagen liegen brach, das legendäre Maracana-Stadion beginnt schon wieder zu verfallen. Was sagen Sie dazu?

Ich kann zu den Olympischen Anlagen nichts sagen. Die Paralympischen Spiele aber haben ein großartiges Erbe hinterlassen: Das Paralympische Trainingszentrum in Rio gehört jetzt zu den Besten seiner Art weltweit. Das Nationale Paralympische Komitee ist dank der Spiele 2016 sehr gut aufgestellt. Aber wir wissen natürlich, dass einige Anlagen des Olympiaparks in Barra nicht genutzt werden. Doch damit haben wir nichts zu tun, im Gegenteil: Unsere Paracycling-Fahrer nutzen die dortigen Trainingsstätten.

Sie sind jetzt fast ein Jahr IPC-Präsident, Ihr Vorgänger Sir Philip Craven hat große Fußstapfen hinterlassen. Was sind die großen Herausforderungen im IPC?

Es ist kein Geheimnis, dass die Beziehung zwischen IPC und Internationalem Olympischen Komitee nicht so gut waren, als ich meine Job antrat. So habe ich den ersten Monat vor allem darauf verwandt, an diesen Beziehungen zu arbeiten.

Was läuft jetzt anders?

Die Beziehungen sind wieder eng und gut. Mit IOC-Präsident Thomas Bach stehe ich in ständigem Kontakt, es gibt regelmäßig persönliche Treffen. Im März haben wir einen historischen Vertrag unterzeichnet (Fortsetzung der Partnerschaft bis 2032 - d. Red.). Wir sind nun beispielsweise voll integriert in Sachen Agenda 2020, wir arbeiten zusammen beim Sponsoring. Das IOC ist unser wichtigster Partner.

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