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Mutmacher auf Tour

Rundreise für offenen Umgang mit Depressionen

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einem Aktionstag im westfälischen Münster endete am Sonntag die Mut-Tour 2018, eine mittlerweile traditionelle sommerliche Rundreise mit eigener Muskelkraft quer durch die Republik, bei der die Teilnehmer in Stadt und Land für einen offenen Umgang mit der »Volkskrankheit« Depression werben. In den Sommermonaten hatten 60 Aktivisten, die das Kernteam bildeten, in verschiedenen Routen quer durch alle Bundesländer insgesamt 5250 Kilometer mit Tandemfahrrädern, Zweierkajaks und zu Fuß zurückgelegt. In der Regel schlugen sie ihre Zelte mitten in der Natur auf. Der erste Aufbruch dieser Art fand im Sommer 2012 statt.

»Depression hat verschiedene Ursachen und kann gut behandelt werden«, so die Überzeugung der Veranstalter. Dabei sei es für eine Gesundung wichtig, dass Betroffene auf Verständnis stoßen und sich nicht verstecken müssen. Sie treten für eine Gesellschaft ein, in der betroffene wie nichtbetroffene Menschen angst- und schamfrei mit psychischen Erkrankungen umgehen können und sind überzeugt, dass ihre Anstöße nicht umsonst sind. In diesem Sinne suchten die »Mutmacher« entlang ihrer Tour das Gespräch mit zahlreichen Menschen und warben dafür, Ängste und Vorurteile abzubauen. Viele Lokalblätter berichteten ausführlich darüber. »Bisher wurden mehr als 2000 ermutigende Berichte für einen unverkrampften Umgang mit Depressionen veröffentlicht«, freut sich Mut-Tour-Sprecherin Annika Schulz über das Echo.

Zu den »alten Hasen«, die seit Jahren mitradeln, gehörte auch diesmal der frühverrentete Religionslehrer Peter Kraus aus Groß-Gerau. Er war in den letzten Tagen mit seinen Mitstreitern quer durch Nordhessen und Westfalen geradelt und hatte dabei an den Etappenzielen viel spontane Gastfreundschaft erfahren. So habe der Sauerländische Gebirgsverein, ein regionaler Wanderklub in Westfalen, den Radlern als Schutz vor starkem Regen Obdach in zwei Wanderheimen angeboten. Zuvor hatte sein Team bereits bei einem Ruderklub unweit von Stralsund und einem Aktivisten des Radfahrverbands ADFC nördlich von Berlin Gastfreundschaft genossen.

Zwar sei im Laufe der Jahre das Tabu, über Depression zu reden, spürbar abgebaut worden. Aber das Stigma bestehe noch und psychische Erkrankungen hätten vielfach negative Auswirkungen auf die berufliche Laufbahn Betroffener, die mit einer Erwerbsminderungsrente schnell auf Hartz IV-Niveau landen könnten. Wenn sich Betroffene aufrafften und professionelle Hilfe suchten, seien insbesondere Kassenpatienten in ländlichen Regionen mit langen Wartezeiten konfrontiert, so Kraus. Der anhaltende Trend zur Privatisierung von Kliniken und die Renditeorientierung privater Konzerne wirke sich auch hier negativ aus, so sein Fazit aus Gesprächen mit Pflegekräften und Betroffenen.

Andere »Mutmacher« berichteten von einem gelungenen Aktionstag im niedersächsischen Oldenburg. Dort brachten sich zwei von ihnen in die Projektwoche einer Schule ein. Schüler schlossen sich mehrere Stunden der Tour an. Mitarbeiter einer Beschäftigungsgesellschaft und führende Kommunalpolitiker suchten das Gespräch und lokale Medien berichteten über die Begegnungen.

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