Totalitarismusdoktrin reloaded

Jana Frielinghaus über die SPD und die Aufarbeitung »deutscher Diktaturen«

Die SPD will die Ostdeutschen integrieren. Dazu will man den Einfluss von »Rechtspopulisten« zurückdrängen, die das unter ihnen verbreitete »Gefühl des Zukurzgekommenseins« ausnutzen. Diese Aussage in einem neuen Papier von rund 30 Sozialdemokraten sagt eigentlich alles über deren Haltung. Die Bewohner der neuen Bundesländer leiden also nicht unter realer eklatanter Benachteiligung bei Löhnen und Repräsentanz in Wirtschaft und Verwaltung, sondern lediglich unter negativen Gefühlen.

Zwar werden eine »Auseinandersetzung« etwa mit dem Wirken der Treuhandanstalt und dessen Folgen für die Menschen wie auch eine Sozialpolitik gefordert, die »Verlierer« der Globalisierung absichert. In erster Linie verharrt man jedoch in antikommunistischen Klischees. Die Wortwahl wirkt, als stammte die Resolution direkt aus der Ära des Kalten Krieges. Da wird beinhart an der Totalitarismus-Doktrin festgehalten, konkret an der faktischen Gleichsetzung der »beiden deutschen Diktaturen«, also Verharmlosung der Hitler-Barbarei einerseits und Dämonisierung der DDR-Gesellschaft andererseits.

Das Papier steht mithin für die Zementierung von Aufarbeitung statt unvoreingenommener historischer Forschung. Ein »gesamtdeutscher«, also gleichberechtigter Dialog aller Akteure, den die Unterzeichner anstoßen wollen, kommt so ganz sicher nicht zustande.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.