Mehr Steuern für bessere Schulen

In Kalifornien strebt eine Initiative ein Referendum für höhere Immobiliensteuern an

  • John Dyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Bürgermeister von Los Angeles und die Lehrer der Stadt einigten sich kürzlich auf mehr Gehalt und kleinere Klassen, nachdem ein Lehrerstreik im zweitgrößten Schulbezirk der USA zu einer sechstägigen Schließung der Schulen geführt hatte. Aber der Kampf um eine auskömmliche Finanzierung der kalifornischen Schulen beginnt gerade erst. Dabei geht es um die Vermögenssteuern. Denn die US-Amerikaner kommen mit ihren Grundsteuern und Abgaben auf Immobilienbesitz, die an die Gemeinden gehen, für ihre Schulen auf.

Dieser Grundsatz stammt noch aus der Kolonialzeit und spiegelt den Wunsch der Gemeinden wider, Kontrolle über die Bildung ihrer Kinder auszuüben. Doch hat dies auch zu groben Ungleichgewichten geführt, weil die Schulfinanzierung vom Wohlstand der Bezirke abhängt, in denen sich die Schulen befinden. Reiche Distrikte haben folglich gut finanzierte Schulen. Schulen in armen Gegenden haben hingegen wenig Geld zur Verfügung.

So beschwerten sich Los Angeles Lehrer über zu große Klassen, einen Mangel an Schulkrankenschwestern und unzureichende Lohnerhöhungen. In der Stadt kommt erschwerend hinzu, dass die kalifornische Proposition 13 die Einnahmen der Stadt beschränkt. Dies ist eine Verordnung, über die die Kalifornier 1978 abstimmten und die die Grundsteuersätze begrenzt. So bewerten die Steuerbehörden den Wert von Gewerbeimmobilien wegen dieser Vorschrift nur, wenn sie verkauft werden. Dies bedeutet, dass viele Unternehmen Steuern zahlen, die auf jahrzehntealten Immobilienwerten basieren, und folglich viel zu niedrig sind.

Jetzt wollen die Kalifornier dies ändern. Vergangenes Jahr sammelten Aktivisten einer Gruppe namens »Schools and Communities First« (Schulen und Gemeinden zuerst) mehr als 870 000 Unterschriften für ein Referendum, über das im November 2020 abgestimmt werden soll. Nehmen die Kalifornier es an, dann werden künftig viele Gewerbeimmobilien von der Proposition 13 ausgenommen sein.

»Wir können es uns nicht mehr leisten, Millionären, Milliardären und Großunternehmen Steuererleichterungen in Milliardenhöhe zu gewähren«, heißt es in einer Erklärung von »Schools and Communities First«. Wenn eine Mehrheit der Wähler ihrem »Split Roll«-Vorschlag zustimmt, könnten die Kommunen die Werte des gewerblichen Eigentums neu bewerten und die Steuern auf Unternehmen erhöhen. Dadurch würden die Gemeinden bis zu elf Milliarden Dollar mehr erhalten, die sie für die Finanzierung von Bildung, Gesundheitsversorgung und anderen sozialen Diensten nutzen könnten, schätzt die Universität von Südkalifornien.

Kein Wunder also, dass die Unternehmen gegen das Referendum sind. »Höhere Steuern würden wahrscheinlich an die Verbraucher weitergegeben werden oder Unternehmen zwingen, Kosten wie Arbeitszeiten oder Stellen zu reduzieren«, teilte der Unternehmensverband CalChamber mit. »Im schlimmsten Fall werden Unternehmen dichtmachen oder in Staaten mit einem weniger feindlichen Steuerumfeld ziehen.«

Laut einer Umfrage des Thinktanks »Public Policy Institute of California« Juni vergangenen Jahres sind 46 Prozent der potenziellen Wähler für eine Änderung der Proposition 13 und 43 Prozent dagegen. Der Lehrerstreik in Los Angeles, so hoffen die Aktivisten von »Schools and Communities First«, könnte die Zustimmung zum Referendum weiter erhöht haben. Lehrer in anderen kalifornischen Städten denken mittlerweile auch über einen Streik nach.

Der im vergangenen Jahr zum Gouverneur gewählte Demokrat Gavin Newsom versucht zwischen den Aktivisten und der Unternehmenslobby zu vermitteln. Einerseits versucht er damit, höhere Steuern zu vermeiden, weil schon jetzt viele Kleinunternehmen und Bewohner Kaliforniens aufgrund steigender Kosten in die benachbarten Niedrigsteuerstaaten Arizona und Nevada abwandern - vor allem die extrem hohen Immobilienpreise in der Gegend rund um San Francisco, die die teuersten der USA sind, tragen dazu bei. Andererseits will Newsom als progressiver ehemaliger Bürgermeister von San Francisco aber auch den Schulen mehr Mittel zur Verfügung stellen.

So hofft Newsom, dass er die Aktivisten mit einem Deal überzeugen kann, ihr Referendum wieder abzublasen. Die Androhung einer Abstimmung könne ausreichen, um Kompromisse zu erzielen, die die Unternehmen akzeptieren könnten, sagte er jüngst.

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