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Rechter Kulturkampf im Klassenzimmer

Nationalhymne und Bolsonaro-Spruch: In Brasilien sorgt eine Forderung des Bildungsministeriums für Aufregung

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 2 Min.

In Brasilien werden die Schulen immer mehr zum Schauplatz von politischen Auseinandersetzungen. Der brasilianische Bildungsminister Ricardo Vélez Rodriquez hat am Montag ein Schreiben an alle Schulen des Landes verschickt, worin er fordert, dass Schüler*innen zukünftig am ersten Tag des Schuljahres die brasilianische Nationalhymne singen und den Wahlkampf-Slogan des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro »Brasilien über alles und Gott über allen« aufsagen sollen. Zusätzlich sollen die Schüler*innen die Aktion filmen und an die Regierung schicken.

Der nationale Bildungsrat Consed kritisierte die Forderung des Bildungsministers scharf und schrieb, dass die Aktion die Autonomie der Schulen verletze. Der linke Politiker Marcelo Freixo erklärte: »Das Problem ist nicht, dass die Nationalhymne gesungen werden soll, sondern das Kinder ohne die Erlaubnis ihrer Eltern gefilmt werden und einen Wahlkampfslogan benutzen müssen.« Freixo kündigte eine Klage an, da die Initiative verfassungswidrig sei.

Nach heftiger Kritik erklärte das Bildungsministerium wenige Stunden später in einem Schreiben, dass die Aktion freiwillig sei und lediglich auf eine »Stärkung von nationalen Symbolen« abziele.

Der Bildungsbereich ist ein wichtiges Kampffeld der ultrarechten Regierung. Der neue Bildungsminister Ricardo Vélez, hatte als eine der ersten Maßnahmen nach seinem Amtsantritt angekündigt, das Sekretariat für Diversität zu streichen. Das Sekretariat wurde 2004 gegründet, um ausgegrenzten Gruppen den Zugang zu Bildung zu erleichtern.

Zudem sorgte er mit der Aussage für Unmut, dass Universitäten einer »intellektuellen Elite« vorbehalten sein müssten. Bereits im Wahlkampf hatte der Ex-Professor einer Militärhochschule angekündigt, den »marxistischen Abfall« an Schulen zu reinigen und eine Initiative von ultrarechten Abgeordneten mit dem Namen »Schule ohne Partei« unterstützt, die politische Aussagen von vermeintlich indoktrinierten Lehrer*innen verhindern sollen.

Vélez wurde auf Anraten von Olavo de Carvalho - dem Vordenker der extremen Rechten in Brasilien - zum Bildungsminister ernannt. Der in den USA lebende autodidaktische »Philosoph« gilt als intellektueller Kopf der neuen Regierung: Immer wieder bezieht sich Präsident Bolsonaro auf Carvalho, der mit Büchern und vor allem seinem Youtube-Kanal Millionen von Menschen erreicht. Seit Jahrzehnten wetterte er dort gegen einen angeblichen Kulturmarxismus und eine linke Kulturhegemonie, die sich gerade auch an den Schulen durchgesetzt habe.

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