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Anhalten, um alles zu verändern

Der spanische Staat ist ein Brennpunkt im Kampf für Frauenrechte, erneut streikten eine halbe Million Menschen.

  • Ralf Streck, San Sebastian
  • Lesedauer: 3 Min.

Wir haben im vergangenen Jahr einen Meilenstein gesetzt und heute schreiben wir Geschichte«, erklärt Nekane Benavente dem »nd«. Denn zum zweiten Mal in Folge wird in Spanien am Internationalen Frauentag massenhaft gegen Machogewalt, für Gleichberechtigung, gegen Diskriminierung und für Gleichstellung gestreikt. Benavente hat den zweiten Frauenstreiktag hier im baskischen Donostia/San Sebastian mit vorbereitet. Sie ist überwältigt von den vielen Frauen (und Männern), die schon am Morgen in Marschkolonnen das Zentrum fluten. »Und das ist noch nichts«, fügt die Aktivistin mit Blick auf die lilafarbene Masse an, »die große Demo findet erst am Abend statt.«

Benavente erinnert sich noch an die Zeit in der Franco-Diktatur, als nur wenige ihre Stimme erhoben. Aber in den letzten 20 Jahren habe es einen qualitativen Sprung in der Bewegung gegeben. »Wir müssen unsere Rechte zwar im gesamten Jahr einfordern, doch der 8. März ist stets ein guter Anlass, um ein starkes Signal gegen Diskriminierung und Benachteiligung zu setzen.«

In kaum einer Region war das Streikecho so groß wie hier im Baskenland. Sogar die Parlamentssitzung musste abgebrochen werden, da das Quorum nicht erreicht wurde. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und auf anderen Sendern lief oft nur ein Notprogramm zum Frauenstreiktag oder Musik. Die kämpferischen baskischen Gewerkschaften hatten sich erneut hinter die Frauen gestellt und zum 24-stündigen Ausstand aufgerufen. »Streik gegen den hetero-patriarchalen Kapitalismus«, war das Motto des »Internationalen Kampftags der Arbeiterinnen«.

Damit stand der Streik im Baskenland im großen Unterschied zu dem in weiten Teilen Spaniens, wo die beiden großen Gewerkschaften erneut nur zwei Stunden streiken wollten. Damit Frauen aber trotzdem legal 24 Stunden streiken konnten, riefen zwei kleinere anarchosyndikalistische Gewerkschaften dazu auf.

Etwas enttäuscht zeigte sich Carme Porta von den morgendlichen Mobilisierungen in Madrid. Die erste Parlamentarierin der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) ist aus ihrer Heimatstadt Barcelona anderes gewohnt. Sie wollte aber trotz ihrer Abwesenheit nicht darauf verzichten, für »Freiheit« in Madrid zu kämpfen. »Wir können noch immer nicht über uns und unsere Körper selbst bestimmen«, erklärte die Feministin dem »nd« und berichtete von großen Protesten am Mittag. Als »Bombe« bezeichnet Roser Pineda die Beteiligung in Katalonien schon am frühen Morgen, wo auch die katalanische Gewerkschaftsföderation zum ganztägigen Ausstand aufrief, da es »ohne Gleichheit keine Freiheit gibt«.

Die pensionierte Lehrerin Pineda ist Mitglied der anarchosyndikalistischen CGT, die zum Streik aufgerufen hatte. Sie berichtet auch von gewalttätigem Vorgehen der Polizei gegen Straßen- und Schienenblockaden und von Verletzten. »Wir halten an, um alles zu verändern«, war die Losung der Katalaninnen.

In Donostia, Barcelona und Madrid ist man sich einig, dass es von Rechtsradikalen einen Angriff auf erkämpfte Frauenrechte gibt. Die rechtsradikale Vox-Partei sei besonders eifrig, und die Volkspartei (PP) und die Ciudadanos (Bürger) kämen Vox beim Rechteabbau entgegen. Dem aufkeimenden Faschismus werden sich die Frauen gemeinsam entgegenstellen, erklären Benavente, Porta und Pineda, die sich ihre Rechte nicht nehmen lassen, sondern weitere erkämpfen wollen.

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