Ölfond mit grünem Profil und schwarzen Flecken

Der norwegische Ölfonds will nicht mehr in fossile Energieträger investieren, doch macht er dabei viele Ausnahmen

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Die kürzlich veröffentlichte Ankündigung des norwegischen Ölfonds, künftig nicht mehr in Aktien von Förderern fossiler Brennstoffe zu investieren, verursachte Unruhe und Kursverluste an den betroffenen Börsen der Welt. Doch die Investoren beruhigten sich bald, als sie die Information eines des weltweit größten Anlegers der Welt genauer gelesen hatten. Die Überschrift der Mitteilung des norwegischen Finanzministeriums sagt zwar ausdrücklich, dass Förder- und Untersuchungsunternehmen künftig von Investitionen ausgeschlossen werden sollen. Begründet wird diese Entscheidung damit, dass der Pensionsfonds des Landes vor langfristigen Verlusten bewahrt und gleichzeitig ein Beitrag geleistet werden soll zur globalen Umstellung auf umweltfreundliche und erneuerbare Energiequellen.

Wenn der größte staatliche Investor, der weltweit 1,3 Prozent der Aktien und Obligationen besitzt, mit solchen Äußerungen kommt, horchen auch die privaten Investoren auf. Doch der Teufel liegt wie immer im Detail. Am Ende seiner Mitteilung weist das Ministerium auf eine Liste von Unternehmen hin, die sich mit der Förderung und der Suche nach weiteren Rohstoffquellen befassen. Doch auf dieser Liste steht keiner der weltweit führenden Ölförderer, an denen der norwegische Fonds schon seit vielen Jahren Aktienpakete besitzt. BP, EXXON, Chevron, und der Förderer Equinor, bekannter unter dem früheren Namen Statoil, sind also nicht betroffen und brauchen auch vorläufig keine Folgen befürchten. Wie kann das sein?

Der Ölfonds hat den Ausstieg aus dem fossilen Geschäft an die Bedingung geknüpft, dass auf der schwarzen Liste keine Firmen landen, die auch ein grünes Standbein haben. Da die Branchenriesen tatsächlich gleichzeitig auf erneuerbare Energiequellen setzten, um für das Ende des Ölzeitalters vorbereitet zu sein, haben weder die globalen noch norwegischen Ölförderer Änderungen zu fürchten. Auch Firmen, die Ölplattformen reparieren oder Reedereien, die Serviceschiffe betreiben, sind vom Investitionsstopp ausgenommen.

Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang, dass der Grundstock des Fonds aus Einnahmen der staatlichen norwegischen Öl- und Gasförderung stammt. Mindestens 20 Prozent der jährlichen Steuereinnahmen des Landes werden in diesem Sektor generiert und Equinor befindet sich zu 67 Prozent im Besitz des norwegischen Staates.

Der Wert des Fonds schwankt gegenwärtig um etwa eine Billion US-Dollar. In ihm befindet sich ein global gestreuter Besitz an Aktien, Obligationen sowie Immobilien. So hält der Fonds auch Anteile an einigen der größten deutschen Aktienunternehmen. Angelegt wurde er 1990, um nicht benötigte Einnahmen zu sparen und für die kommenden norwegischen Generationen anzusparen.

Dies wurde aufgrund der Überzeugung beschlossen, dass die Naturreichtümer des Landes nicht nur einer oder zwei Generationen zugutekommen sollten, sondern zur langfristigen ökonomischen Sicherung des Landes dienen sollen. Laut den Statuten des Fonds dürfen nur die Zinsen, und hiervon wiederum nur ein Teil, in den laufenden norwegischen Staatshaushalt überführt werden. Dies soll verhindern, dass der Staat zu viel Geld ausgibt und mit Investitionen die Konjunktur überhitzt.

Nüchterne ökonomische Überlegungen und schlechte Erfahrungen anderer Länder verdeutlichten den Politikern, dass nur auf die Rohstoffförderung zu setzen ungesund für die Wirtschaft eines Landes ist und zu Wettbewerbs- und Einkommensverzerrungen führt. Insgesamt gilt der Fonds trotz zeitweiliger Verluste als einer der erfolgreichsten Anleger der Welt. Er hält ständig Ausschau nach neuen Anlagemöglichkeiten, um seinen Besitz möglichst breit zu streuen. Die Legalisierung von Cannabis in einigen Ländern für den medizinischen Gebrauch hat beispielsweise dazu geführt, dass der Fonds knapp 100 Millionen Euro in diese neue Branche investierte und nach eigenen Angaben gut daran verdient.

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