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Aufklären, sofort und gründlich
Die Liste der Ungereimtheiten im Fall der rechtsextremen Terrorserie in Berlin-Neukölln ist lang. Was hat ein Beamter des Landeskriminalamtes in einer rechten Kneipe verloren? Warum verfügen die angreifenden Neonazis über verblüffend gute Kenntnisse über die Wohnorte ihrer Opfer? Warum wurden Informationen über rechte Angriffe von den Behörden nicht richtig weitergeleitet? Hinzu kommen Berichte über Polizisten, die in anderen Zusammenhängen mit rechtsextremer Kommunikation aufgefallen sind.
Angesichts ihrer Angst ist der Ruf der Betroffenen nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nachvollziehbar. Trotz einer Sonderkommission und jüngst eingesetzten neuen Ermittlern und der Schaffung einer Austauschplattform zwischen Polizei und Nachrichtendiensten, die Innensenator Andreas Geisel (SPD) jüngst im »nd« angekündigt hatte, kommen die Ermittlungsbehörden im Fall der Neuköllner Terrorserie nicht weiter. Da liegt es nahe, das angeblich schärfste Schwert des Parlaments zu ziehen, also einen Untersuchungsausschuss einzurichten.
Nur: Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Ausschuss tatsächlich kommt, ist gering. Ganz einfach, weil die politischen Rahmenbedingungen dagegen sprechen. Die Linkspartei hat zwar vor Kurzem auf ihrem Landesparteitag die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss beschlossen, aber es bräuchte im Parlament weiterer Unterstützer. Da sich ein solcher Ausschuss immer gegen die Polizei und Innensenator Geisel richten würde, wäre die rot-rot-grüne Senatskoalition wohl sofort am Ende. Deshalb fordern die Grünen beispielsweise aktuell auch »nur« eine Studie zu verfassungsfeindlichen Einstellungen in der Polizei.
Doch die politische Wetterlage ändert nichts daran, dass die rechte Terrorserie so schnell wie möglich aufgeklärt werden muss. Der Generalbundesanwalt sollte wegen der terroristischen Gefahr die Ermittlungen an sich ziehen. Auch das würde helfen.
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