Kohlepläne hintertreiben Klimaschutz

Ende 2018 wurden mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen von Kohle- und Heizölkraftwerken ausgestoßen

  • Elke Bunge
  • Lesedauer: 3 Min.

Soll das auf der Pariser Klimakonferenz beschlossene Ziel erreicht werden, die Erdeerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, müssen bis zur Jahrhundertmitte die Kohlendioxidemissionen auf netto Null gesenkt werden. Würden alle weltweit bestehenden und projektierten Kraftwerke 2050 in Betrieb sein, so wäre dies einer am Montag im Fachmagazin »Nature« veröffentlichten Studie zufolge nur noch durch negative Emissionen, also der Speicherung von CO2, erreichbar.

Mehr Kohlekraftwerke = mehr CO2-Ausstoß

Das Forscherteam unter Leitung von Dan Tong von der University of California in Irvine und Qiang Zhang von der Tsinghua-Universität in Peking weist darauf hin, dass Ende 2018 mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen aus Kohle- und Heizölkraftwerken stammten. »Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass jährlich 658 Gigatonnen Kohlendioxid von der bestehenden industriellen Infrastruktur ausgestoßen werden«, so die Erdsystemforscherin Tong. »Rechnen wir die geplanten Kraftwerke hinzu, kommen wir auf 846 Gigatonnen.« 54 Prozent davon entfielen auf den Energiesektor.

China und Indien seien inzwischen die Hauptverursacher der Treibhausgasemissionen. Während weltweit etwa 49 Prozent der Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird, liegt der Anteil in China und Indien bei 79 beziehungsweise 69 Prozent. Nach bisherigen Plänen sollen in den kommenden Jahren gerade hier neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen. Da diese, um rentabel zu sein, mindestens 20 Jahre laufen müssten, stellt sich die Frage, wie das Ziel, bis 2050 zu einer Netto-Null-Emission zu kommen, überhaupt erreicht werden kann.

Forscher halten CCS-Verfahren für notwendig

Die Forscher sehen die Lösung in der Einführung von CCS-Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Hierfür gibt es verschiedene physikalische und chemische Technologien, die sich bisher jedoch auf Pilotprojekte beschränken. Das CO2 soll entweder in salinen Flüssigkeiten im tiefen Festland oder im Meeresgrund in einer Tiefe von mindestens 800 Metern gelagert werden. Erst dort treten Drücke auf, die die notwendige hohe Verdichtung ermöglichen. Um ein Austreten zu verhindern, müssten die Speicher mit einem gasundurchlässigen Material versiegelt werden, ein teurer und aufwendiger Prozess.

Kritiker von CCS-Verfahren sprechen von einer Verlagerung des Problems auf künftige Generationen. Die Einlagerung könnte Erdbeben provozieren, auch ist ein späteres Austreten des CO2 möglich. Experten befürchten ferner, dass giftige Schwermetalle durch das Verpressen ins Grundwasser gelangen könnten.

Für den Leiter des Kölner New Climate Institutes, Niklas Höhne, bestätigt die Studie, dass »uns die Zeit davon rennt. Der Klimaschutz ist in den letzten Jahren zu langsam vorangekommen und muss nun wieder Fahrt aufnehmen«. Höhne plädiert dafür, alternative Technologien zu entwickeln, um eine CO2-freie Welt zu schaffen. Dazu zählt er Null-Energie-Häuser wie auch CO2-freie Autos.

Lambert Schneider vom Öko-Institut Berlin hält hingegen einen Ausstieg aus der Kohlewirtschaft für vordringlich. Deutschland solle rasch aussteigen und damit eine internationale Vorbildfunktion erreichen. Mit einem solch entschiedenen Schritt könnten auch andere Staaten überzeugt werden, diesen Weg zu beschreiten.

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