Erstes Bewerber-Duo für die SPD-Parteispitze steht

Europa-Staatsminister Michael Roth und ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann kandidieren

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Düsseldorf. Als erstes Duo haben Europa-Staatsminister Michael Roth und die ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann offiziell ihre Kandidatur für den SPD-Bundesvorsitz angekündigt. »Wir beide vertrauen uns gegenseitig. Deshalb trauen wir es uns zu, in einer schwierigen Lage als Team für den Parteivorsitz anzutreten«, sagte Kampmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Kampmann (38) ist nach SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty das zweite Mitglied aus dem stärksten SPD-Landesverband, das sich aus der Deckung gewagt hat. Kutschaty (51) hatte vor wenigen Tagen gesagt, er werde in den nächsten Wochen sondieren, wo die SPD-Mitglieder in NRW seine Aufgabe sähen - in Düsseldorf oder Berlin. Danach werde er sich entscheiden.

Die Bewerbungsphase für die Nachfolge der zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles läuft bis zum 1. September. Ausdrücklich hatte der Bundesvorstand Bewerber ermuntert, im Duo als mögliche künftige Doppelspitze anzutreten. Der amtierende NRW-SPD-Chef Sebastian Hartmann hatte bekräftigt, dass er nicht für den Bundesvorsitz kandidieren werde. Im Landesverband wird aber nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Bewerber ihren Hut in den Ring werfen.

Der ehemalige NRW-Justizminister Kutschaty hat sich einen Namen als Kritiker der Großen Koalition gemacht. Kampmann blieb in ihrer nur eineinhalbjährigen Amtszeit als NRW-Familien- und Kulturministerin von 2015 bis 2017 eher blass. Die frühere Bundestagsabgeordnete war seinerzeit das jüngste Mitglied im Landeskabinett. Bei der Landtagswahl 2017 gewann sie ein Direktmandat in Bielefeld - die SPD aber wurde im Land abgewählt. In der SPD-Landtagsopposition ist Kampmann seither digitalpolitische Sprecherin.

Potenzielle Kandidaten für den Bundesvorsitz müssen von mindestens fünf Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband nominiert werden. Der Vorsitz soll nach einer Mitgliederbefragung auf einem Parteitag Anfang Dezember gewählt werden. Die Kandidaten sollen sich ab September auf 20 bis 30 Regionalkonferenzen deutschlandweit vorstellen.

NRW-SPD-Generalsekretärin Nadja Lüders betonte, dass es einen »fairen und offenen Wettbewerb« um die neue SPD-Spitze geben werde. »Wir begrüßen ausdrücklich eine Vielzahl von Team- und Einzelbewerbungen und werden daher einzelne Kandidaturen während des Bewerbungsverfahrens nicht kommentieren«, erklärte sie.

Gleichwohl hatte sich Hartmann vor wenigen Tagen kritisch zu Kutschatys Bewerbung geäußert und deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht der Landtagsfraktionsvorsitz nicht mit der Führung der SPD zu verbinden sei. Kurz darauf hatte Kutschaty via Twitter seine Ambitionen bekräftigt. Das Verhältnis von Kutschaty und Hartmann gilt als angespannt. Beide gelten auch als potenzielle Herausforderer von Ministerpräsident Armin Laschet bei der Landtagswahl 2022.

Kampmanns Doppelspitzen-Partner Roth (48) aus Hessen sitzt seit 1998 im Bundestag und ist seit 2013 Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt. »Wir wollen eine SPD, die mitten im Leben steht und auf der Höhe der Zeit ist«, schreiben die beiden in einem an die SPD-Mitglieder gerichteten Bewerbungsschreiben. Die Partei müsse beim Thema Klimaschutz »lauter und unbequemer« werden, fordern sie. »Die SPD darf sich nicht damit zufriedengeben, dem aktuellen Mainstream hinterherzulaufen, sondern sie muss selbst wieder an der Spitze der Bewegung stehen.«

Auch bei den Parteistrukturen wollen Roth und Kampmann einen Aufbruch. Mindestens ein Drittel des Parteivorstands solle künftig aus der Kommunalpolitik kommen. Bei Wahlen soll nach ihren Vorstellungen jeder fünfte Listenplatz Menschen ohne Parteibuch offenstehen.

Als mögliche weitere Anwärter für den SPD-Vorsitz gelten unter anderem Familienministerin Franziska Giffey und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Auch die ehemalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Gesine Schwan, und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hatten sich ins Gespräch gebracht. Gehandelt wird auch der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. dpa/nd

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